16.10.2015

Flimmernde Luft und funkelnde Sterne

Das Flimmern der Sterne lässt sich im Labor nachstellen und mit Hochgeschwindigkeits-Videos untersuchen.

Ursache des flimmernden Sternenlichts, das Astronomen Seeing nennen, sind Turbulenzen in der Atmosphäre. Das Licht der Sterne wird bei Eintritt vom Vakuum des Weltalls in die Atmosphäre gebrochen. Die Änderung der Ausbreitungsrichtung des Lichts – die Refraktion – hängt vom dichteabhängigen Brechungsindex der Luft auf dem mehrere Kilometer langen Lichtweg ab. Durch Turbulenzen verändert sich die Lichtbrechung als Funktion der Zeit in statistischer Weise, und somit wird das Sternenlicht je nach Brechung immer an leicht verschiedene Orte abgelenkt. Als Konsequenz erscheint das Bild eines Sterns (quasi einer Punktlichtquelle) auf lange belichteten Aufnahmen als kleines unscharfes Scheibchen von bestenfalls etwa 0,5 Bogensekunden Winkelausdehnung. Dies ist um ein bis zwei Größenordnungen höher als die übliche Beugungsbegrenzung optischer Großteleskope.

Da die Luftturbulenzen zeitabhängig sind, wird die Belichtungszeit einer Kamera das Ergebnis beeinflussen. Das lässt sich mit Hochgeschwindigkeits-Kameras auch im Labor untersuchen. Hier sind kurze Lichtwege von nur einigen Metern möglich, weswegen wir den Effekt der Turbulenzen lokal deutlich verstärken müssen. Wir leiten einen roten und einen grünen Laserstrahl mit etwa 1 mm Strahldurchmesser und Divergenzen von 1 mrad durch beziehungsweise leicht über Propangasbrenner-Flammen mit Ausmaßen von einigen Millimetern bis etwa 5 cm. Dahinter fallen die Strahlen auf einen weißen Beobachtungsschirm. Turbulenzen werden verstärkt, indem ein Ventilator seitlich kühlere Luft in Richtung Brenner lenkt. Die Turbulenzen zeigen sich sehr deutlich, wenn einer der Strahlen über dem Brennergas und der andere zum Vergleich durch ruhende Luft läuft.

Das Flackern von zwei Laserstrahlen, die turbulente Luft durchqueren, aufgenommen mit 1000 Bildern pro Sekunde und einer Integrationszeit von je 1/10 000 s (Vollmer/Möllmann, Artikel dazu in Physik in unserer Zeit 5/2015, S. 254, www.phiuz.de).

Bei ausgeschalteten Brennern und ruhender Raumluft ergaben sich wie erwartet Laserstrahldurchmesser von etwa 10 mm auf dem Beobachtungsschirm. Zunächst wurden für diese Bedingung die Belichtungszeiten variiert. Hierbei findet man bei Belichtungszeiten von 1 s und 1/1000 s nur geringe Unterschiede in der Laserfleckgröße. Werden Brenner und Ventilator in Betrieb genommen, bleibt die Fleckgröße bei 1/1000 s Belichtungszeit etwa gleich, während sie sich bei 1 s mehr als verdoppeln kann. Offensichtlich hängt das Ausmaß des Seeings stark von der Belichtungszeit ab und ist für Zeiten unter 1 ms nur geringfügig ausgeprägt. Insofern sollten Beobachtungen mit Belichtungszeiten deutlich unter 1 ms in der Lage sein, das Zeitverhalten der Lichtablenkung genauer zu untersuchen.

Das Video zeigt das Flackern der beiden Laserstrahlen, aufgenommen mit 4000 Bildern pro Sekunde und einer Integrationszeit von je 1/10 000 s. Auf einer Zeitskala von etwa 1 ms springt der Laserfleck um mehrere Zentimeter in verschiedene Richtungen. Die Strahldurchmesser zu Beginn und am Ende eins Sprungs sind etwa gleich und entsprechen etwa dem des Laserstrahls bei Ausbreitung ohne Turbulenzen.

Das Aufsummieren der verschiedenen Einzelbilder über einen längeren Zeitraum führt zum beobachtbaren, verwaschenen Bild mit der entsprechend längeren Integrationszeit.

Michael Vollmer, Klaus-Peter Möllmann, FH Brandenburg

Dies ist die gekürzte Version eines Artikels, der in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen ist. Er steht bis zum 24.10.2015 hier zum freien Download zur Verfügung, anschließend ist er nur für Online-Abonnenten frei zugänglich. Er enthält weitere Bilder und eine quantitative Analyse sowie weitere Experimente. weitere Hochgeschwindigkeits-Videos finden Sie auch in unserem Youtube-Kanal

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