Flüssigkeitsartige Kupferionen für bessere Thermoelektrika
Ungeordnete Ionen reduzieren Wärmeleitfähigkeit – höhere Stromausbeuten möglich.
Thermoelektrische Materialien müssen für eine möglichst hohe Effizienz scheinbar Unmögliches miteinander vereinen. Ein kristalliner Werkstoff mit großem Seebeck-Koeffizient und hoher Mobilität der Ladungsträger sollte zugleich Wärme sehr schlecht leiten. Dieses Ziel verfolgt nun ein internationales Forscherteam mit Verbindungshalbleitern, in denen sich Kupferionen wie eine Flüssigkeit verhalten. Mit einem kristallinen Werkstoff aus Kupfer und Selen konnten sie nun erste Erfolge verzeichnen.
Abb.: Unter dem Mikroskop offenbart sich die Kristallstruktur von Dikupferselenid, die für das flüssigkeits-artige Verhalten der Kupferionen verantwortlich ist. (Bild: Nature Mater., Xun Shi, CAS)
An zahlreichen Halbleiterproben untersuchten Jeffrey Snyder vom California Institute of Technology zusammen mit Kollegen von der Chinesischen Akademie für Wissenschaften das thermoelektrische Potenzial. An einer Seite aufgeheizt auf bis zu 1000 Kelvin, bestimmten sie den dimensionslosen Effizienzwert zT. Ihre Messungen ergaben für einzelne Varianten des Kupferselenids einen überraschend hohen zT-Wert von 1,5. Allgemein werden Thermoelektrika ab einem zT-Wert von mindestens eins angestrebt. Diese könnten dann beispielsweise aus der Abwärme eines Autoauspuffs Strom zur Entlastung der Lichtmaschine erzeugen.
Die Ursache für diesen hohen Wert lag vor allem in der geringen Wärmeleitfähigkeit des Materials. Während Kristalle Wärme über Gitterschwingungen im Allgemeinen gut leiten, zeigten Proben aus Dikupferselenid nur Werte von weniger als einem Watt pro Meter und Kelvin. Snyder und Kollegen machten dafür die Kupferionen verantwortlich, die sich nach ihrer Beschreibung wie eine Flüssigkeit verhielten. Denn die Ionen verteilten sich stark ungeordnet entlang der von den Selen-Atomen bestimmten Gitterstruktur. Dadurch verschwanden zahlreiche Schwingungsmoden im Kristall, die sonst für eine hohe Wärmeleitfähigkeit sorgen.
Noch befinden sich diese thermoelektrischen Module (phonon-liquid electron-crystals) in einer frühen Entwicklungsphase. Aber sie eröffnen einen viel versprechenden Weg, um über die Variation bereits bekannter Halbleiterkristalle aus Abwärme mehr Strom als bisher zu erzeugen. Mit speziell angepassten Produktionsprozessen könnten bald auch die Metallionen in anderen Verbindungshalbleitern in einen „flüssigen“ Zustand überführt werden, um so die Wärmeleitfähigkeit zu reduzieren.
Jan Oliver Löfken
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