04.06.2020 • Photonik

Flüstergalerie-Effekt steuert Elektronenstrahlen mit Licht

Freie Elektronen an optische Resonatoren gekoppelt.

Wird in einer der Galerien der St. Paul‘s Cathedral in London leise gesprochen, können andere, weit entfernte Besucher mithören: Der Schall wird kreis­förmig um den Dom weiter­getragen und ist entlang der Mauern überall gleich gut zu hören. Dieses besondere Phänomen wird als Flüster­galerie-Effekt bezeichnet. Es tritt immer dann auf, wenn eine Welle nahezu ohne Dämpfung eine Struktur umlaufen kann. Forscher der Uni Göttingen haben dieses Prinzip genutzt, um den Strahl eines Elektronen­mikroskops mit Licht zu steuern.

Abb.: Künstlerische Darstellung eines Elektrons in Wechselbeziehung zu einer...
Abb.: Künstlerische Darstellung eines Elektrons in Wechselbeziehung zu einer Lichtwelle im Flüstergalerie-Modus in einer Glaskugel. (Bild: GAU)

Das Team von Ofer Kfir und Claus Ropers beleuchtete in seinen Experi­menten kleinste Glas­kugeln mit einem Laser und nutzte sie dabei als optische Flüster­galerie: Den Schall­wellen vergleichbar bewegt sich auch die Licht­welle im Innern dieser Kugeln nahezu ohne Verluste entlang der Ränder. Im Elektronen­mikroskop leiteten die Forscher dann einen Elektronen­strahl am äußeren Rand der Kugel vorbei. Durch Vermessung der Geschwin­dig­keiten der Elektronen fanden sie heraus, dass die Elektronen und das Lichtfeld sehr effizient Energie ausge­tauscht hatten.

Die Stärke dieser Wechsel­wirkung wird durch zwei Faktoren bestimmt, erklärt Kfir: „Erstens erlaubt uns der Flüster­galerie-Effekt, Licht kurz­zeitig zu speichern und somit eine stärkere Welle aufzu­bauen. Zweitens bewegen sich die Elektronen entlang der Glaskugel mit der gleichen Geschwin­dig­keit wie die Licht­welle.“ Letzteres vergleicht Kfir mit einem Surfer, der seine Geschwin­digkeit an eine Wasser­welle anpasst, um deren Energie optimal zu nutzen. In ihren Experi­menten beobachteten die Physiker, dass einzelne Elektronen die Energie von Hunderten von Photonen aufgenommen oder abgegeben haben.

Ihre Erkenntnisse tragen nicht nur zum grund­legenden Verständnis dieser optischen Wechsel­wirkungen bei, sondern weisen auch in die Zukunft. „Wir suchen nach Möglich­keiten, mithilfe von Licht neue Anwendungen der Elektronen­mikro­skopie voran­zu­treiben“, sagt Ropers. „Mit einem Laser können wir nun den Elektronen­strahl in Raum und Zeit lenken. Wenn es uns gelingt, die Kopplung von freien Elektronen und Photonen weiter zu verstärken, könnte dies schließlich zu völlig neuen Quanten­techno­logien für die Sensorik und Mikro­skopie im Nanometer­bereich führen. Wir sind zuver­sichtlich, dass die vorliegende Arbeit ein wichtiger Schritt in dieser Richtung ist.“

GAU / RK

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