04.11.2021 • Energie

Flugzeugtreibstoff aus Sonnenlicht und Luft

Mit neuer Anlage produzierte Treibstoffe erzeugen bei ihrer Verbrennung so viel Kohlendioxid, wie für ihre Herstellung der Luft entnommen wurde.

Wissenschaftler der ETH Zürich haben eine Anlage gebaut, mit der sich aus Sonnen­licht und Luft CO2-neutrale Treib­stoffe herstellen lassen. Das nächste Ziel ist, die Technologie auf industriellen Maßstab zu bringen und Wett­bewerbs­fähigkeit zu erreichen. CO2-neutrale Treibstoffe sind für eine nach­haltigere Luft- und Schiff­fahrt von zentraler Bedeutung. Mit der neuen Anlage lassen sich synthetische flüssige Treibstoffe herstellen, die bei der Verbrennung nur so viel Kohlen­dioxid freisetzen, wie zuvor der Luft entnommen wurde. Kohlen­dioxid und Wasser werden direkt aus der Umgebungs­luft abgeschieden und mit Solar­energie aufge­spalten. Das Produkt ist Syngas, eine Mischung aus Wasser­stoff und Kohlen­monoxid, die anschließend zu Kerosin, Methanol oder anderen Kohlen­wasser­stoffen verarbeitet wird.

Abb.: Die Forschungs­anlage pro­du­ziert Syngas, welches in flüs­sige...
Abb.: Die Forschungs­anlage pro­du­ziert Syngas, welches in flüs­sige Treib­stoffe weiter­ver­arbeitet werden kann. Der chemische Prozess wird mit Sonnen­energie an­ge­trieben. Der Para­bol­spiegel bündelt das Licht und leitet es in die beiden Reak­toren in der Mitte der An­lage. (Bild: A. Della Bella, ETH Zürich)

Seit zwei Jahren betreiben Forscher um Aldo Steinfeld von der ETH Zürich, ihre Mini-Solar­raffi­nerie auf einem Dach mitten in Zürich. „Wir konnten die technische Machbar­keit der gesamten thermo­chemischen Prozess­kette zur Umwandlung von Sonnenlicht und Umgebungs­luft in Drop-in-Treibstoffe erfolgreich nachweisen. Das Gesamt­system arbeitet unter realen Sonnen­einstrahlungs­bedingungen stabil und dient uns als einzig­artige Plattform für weitere Forschung und Entwicklung“, sagt Steinfeld. Die Technik sei nun reif für den Transfer in die Industrie.

Analysen der gesamten Prozess­kette ergaben, dass der Treibstoff bei einer Produk­tion im industri­ellen Maßstab 1,20 bis 2 Euro pro Liter kosten würde. Als Produktions­standort sind Wüsten­regionen mit hoher Sonnen­ein­strahlung besonders gut geeignet. Wenn die Materialien für den Bau der Produktions­anlagen wie Glas und Stahl mit erneuer­baren Energien herge­stellt werden, gehen die Treibhaus­gas­emissionen gegen Null.

Angesichts der hohen Anfangs­investi­tions­kosten benötigen Solar­kraft­stoffe aller­dings politische Unter­stützung beim Markt­eintritt. „Die bestehenden Förder­instrumente der Europä­ischen Union – Emissions­handel und Offsetting – reichen nicht aus, um die Markt­nach­frage nach Solar­treib­stoffen zu fördern. Deshalb schlagen wir ein techno­logie­spezi­fisches EU-Quoten­system für Flugzeug­treibstoff vor. Das heißt, die Flug­gesell­schaften sollten verpflichtet werden, einen Anteil ihres Treibstoffs aus solaren Quellen zu decken“, sagt Johan Lilliestam vom Institute for Advanced Sustain­a­bility Studies.

Für den Anfang, wenn der Preis für das solare Kerosin hoch und die Produktions­kapazitäten niedrig sind, empfehlen die Studien­autoren eine Quote von 0,1 Prozent. Ein solcher Anteil hätte kaum Auswirkungen auf die Kosten des Fliegens, würde aber den Aufbau von Produktions­anlagen ermöglichen – und somit eine Lernkurve in Gang setzen, die zu verbesserter Technologie und niedrigeren Preisen führen kann. So kann die Quote nach und nach steigen, bis Solar­kerosin den Markt­durch­bruch ohne weitere Förder­maß­nahmen schafft.

IASS / RK

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