20.07.2004

Fönen statt bügeln

Die Eigenschaften von Formgedächtnis-Legierungen lassen sich berechnen. Eine mögliche Anwendung wären knitterfreie Hemden.


Fönen statt bügeln

Die Eigenschaften von Formgedächtnis-Legierungen lassen sich berechnen. Eine mögliche Anwendung wären knitterfreie Hemden.

Kassel - Das wäre doch sehr praktisch: Einen Fön daran halten und schon ist die Kleidung knitterfrei, die Autobeule fort und die Brille, auf die man versehentlich getreten ist, wieder brauchbar. Im Prinzip gibt es das auch bereits - doch warum die so genannten Formgedächtnislegierungen diese Materialeigenschaften haben und wie sie sich gezielt berechnen und damit nutzen lassen, ist Forschungsthema eines DFG-geförderten Projektes an der Universität Kassel. Die Modellierung der Materialeigenschaften von Formgedächtnislegierungen wie etwa Nickel-Titan (NiTi) bearbeitet Dirk Helm im Institut für Mechanik, Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel. Dass das erste DFG-Vorhaben bereits seit 1996 gemeinsam mit dem inzwischen pensionierten Peter Haupt gestartet wurde und erneut bis 2005 mit einer Gesamtsumme von rund einer halben Million Euro gefördert wird, zeigt, wie schwierig die Materie ist.

"Wir wissen, dass bestimmte Legierungen in bestimmten Temperaturbereichen ihr Formgedächtnis aktivieren und nach einer Verformung in ihre Ausgangslage zurückkehren. Sie können dabei im Vergleich zu anderen smart materials sehr große Kräfte entwickeln und weite Wege zurücklegen", so Helm. Um diese Materialeigenschaften effektiv in industriellen Anwendungen nutzen zu können, erarbeitete Helm ein mathematisches Modell im Rahmen der Kontinuumsmechanik, das bereits in der Forschung eingesetzt wird. Teilweise fehlen jedoch grundlegende Daten über die Materialeigenschaften, die Helm durch Versuche im Kasseler Uni-Labor gewinnt. Die so gewonnenen Materialeigenschaften fließen kontinuierlich in die Modellentwicklung ein.

Ein verbogener Nickel-Titan-Stab nimmt durch Erwärmung seine ursprüngliche gerade Form an. (Quelle: Uni-Kassel)

"Die Modellierung der dreidimensionalen Materialeigenschaften von Formgedächtnislegierungen erfordert ein sehr kompliziertes mathematisches Modell, weil die Materialeigenschaften gleichzeitig durch thermische und mechanische Effekte beeinflusst werden, sodass in dem Modell miteinander gekoppelte Gleichungen auftreten", führt Helm aus. Dieser Hauptbestandteil des Projekts wird flankiert von experimentellen Untersuchungen. Dort werden mechanische Experimente durchgeführt bei unterschiedlichen Temperaturen und an verschiedenen Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen, und das sowohl an relativ dicken Drähten sowie an dünnwandigen Rohren. "Mehraxiale Experimente wurden außer in Kassel weltweit nur an wenigen anderen Instituten durchgeführt", so Wissenschaftler Helm.

Mit seinem schon weit fortgeschrittenen Materialmodell ist man in der Lage, im Zusammenspiel mit einem so genannten Finite-Elemente-Programm nahezu beliebige Strukturen zu berechnen. Und dann kommt der Wissenschaftler so richtig ins Schwärmen: "Die sehr unterschiedlichen Eigenschaften der Formgedächtnislegierungen ließen sich einsetzen bei Gebäuden zum Schutz vor einem Erdbeben, im Bereich der Medizintechnik als Gefäßimplantate um Adern zu stützen, für Operationsinstrumente der minimal-invasiven Chirurgie sowie zur Gestaltung von Stellelementen in vielen Bereichen der Technik."

Quelle: idw

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