23.02.2007

Fokussierte Mikrowellen

Mit Zeitumkehr und Unordnung gegen die Beugungsgrenze. Ein Forscherteam in Paris nutzt das optische Nahfeld, um Mikrowellen millimetergenau zu fokussieren.



Mit Zeitumkehr und Unordnung gegen die Beugungsgrenze. Ein Forscherteam in Paris nutzt das optische Nahfeld, um Mikrowellen millimetergenau zu fokussieren.

Für die optische Abbildung gilt: je kürzer die Wellenlänge des benutzten Lichtes ist, umso mehr Details des abgebildeten Objekts werden aufgelöst. Vor der Entwicklung der Nahfeldoptik glaubte man, dass zwei Objektpunkte nur dann aufgelöst werden können, wenn ihr Abstand größer ist als die halbe Lichtwellenlänge. Diese Beugungsgrenze kann man jedoch durchbrechen, indem man das optische Nahfeld und die in ihm enthaltene Information zur Abbildung heranzieht. Ein Forscherteam in Paris hat sich dies zunutze gemacht, um Mikrowellen mit einer Wellenlänge von 12 cm millimetergenau zu fokussieren.

Mathias Fink und seine Kollegen von der Université Denis Diderot haben untersucht, wie man Mikrowellensignale möglichst zielgenau zwischen zwei Gruppen von Mikrowellenantennen übertragen kann, die sich in einem kubikmetergroßen, mit Aluminium ausgekleideten Hohlraum befanden. Der Abstand der aus je acht Antennen bestehenden Gruppen betrug etwa 120 cm, also zehn Wellenlängen. Die Antennen einer Gruppe befanden sich somit im Fernfeld der jeweils anderen Gruppe. Die schnell abklingende Strahlung des Nahfeldes konnte diese Distanz normalerweise nicht überbrücken.

In jeder der beiden Gruppen waren die Antennen linear angeordnet. In der einen Gruppe hatten benachbarte Antennen einen Abstand von 6 cm. In der anderen Gruppe hatten die Antennen einen Abstand von nur 4 mm und jede Antenne war eng von einem ungeordneten Büschel von Kupferdrähten umgeben, die der ganzen Antennengruppe das Aussehen einer kleinen Drahtbürste gaben. Alle sechzehn Antennen waren einzeln an Mikrowellengeneratoren, Mikrowellendetektoren und einen Computer angeschlossen.

Das Experiment lief in zwei Teilen ab. Zunächst wurde nacheinander von jeder der acht Antennen in der Drahtbürste ein 10 ns kurzer Mikrowellenpuls abgegeben. Die Kupferdrähte, die die Antenne umgaben, sorgten dafür, dass die abklingenden Wellen des Antennennahfeldes in das Fernfeld gestreut wurden. Dadurch war die in ihnen enthaltene Information auch über große Entfernungen zugänglich.

Der gestreute Mikrowellenpuls wurde im Hohlraum vielfach reflektiert, sodass das von den Antennen der zweiten Gruppe empfangene Mikrowellensignal ein etwa 200 ns langes Echo des Ausgangspulses enthielt. Diese acht Signale wurden elektronisch verstärkt und zeitumgekehrt wieder auf die Antennen der zweiten Gruppe gegeben. Die abgestrahlten zeitumgekehrten Signale refokussierten zeitlich und räumlich, sodass nur die ursprüngliche Sendeantenne einen etwa 10 ns kurzen Mikrowellenpuls registrierte. Ein entsprechendes Verfahren hatten Mathias Fink und seine Kollegen schon für Schallwellen entwickelt und vielfach genutzt.

Die Forscher wussten nun, welche Signale die Antennen der zweiten Gruppe abgeben mussten, damit ein Mikrowellenpuls nur bei einer bestimmten Antenne in der Drahtbürste ankam. Sie konnten jetzt zum zweiten Teil des Experiments übergehen: der punktgenauen Übertragung eines Farbbildes. Dazu teilten sie das Bild in die drei Farbanteile Rot, Grün und Blau auf, deren jeweilige Intensitäten sie bitweise von den Antennen der zweiten Gruppe auf je eine von drei Antenne in der Drahtbürste fokussieren ließen. Da die drei Empfängerantennen jeweils die unterschiedlichen Rot-, Grün- oder Blau-Signale erhielten, ließ sich das Farbbild rekonstruieren.

In einem Kontrollexperiment entfernten die Forscher vor der Übertragung des Farbbildes alle Kupferdrähte der Drahtbürste. Dadurch entfiel der Zusammenhang zwischen Nah- und Fernfeld, den die Drähte hergestellt hatten. Die Fokussierung der Mikrowellensignale auf eine einzelne Antenne misslang nun. Da alle drei Empfangsantennen einen Abstand von weniger als einer zehntel Wellenlänge hatten und somit die Beugungsgrenze deutlich unterschritten wurde, empfingen die Antennen im Wesentlichen die gleichen Signale. Wurden diese Signale überlagert, so entstand kein farbiges Bild sondern nur ein graues.

Nach Meinung der Forscher eignet sich ihr Verfahren dazu, die Datenübertragung bei räumlicher Beschränkung beträchtlich zu verbessern. Dass man mit zeitumgekehrten Signalen und ungeordneten Streuzentren die Beugungsgrenze durchbrechen kann, eröffnet auch der Telekommunikation neue Möglichkeiten.

Rainer Scharf

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