Fraktal-Fassade als Wärmequelle
Solarthermische Module sammeln Wärme für Wärmepumpen.
Wärmepumpen erleben als Heiztechnologie derzeit einen Boom, doch nicht auf jedem Grundstück ist Platz für die Außenlufteinheit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Neuartige solarthermische Fassadenelemente sind hierfür eine geräuschlose, architektonisch gestaltbare und platzsparende Alternative. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg entwickelt und testet sie im aktuellen Projekt Tabsolar III gemeinsam mit Industriepartnern.
Die solarthermischen Komponenten bestehen aus Ultrahochleis-tungsbeton (UHPC), die als verglaste oder unverglaste Fassadenelemente architektonisch gestaltet werden können. Die Elemente sind von Kanälen durchzogen, durch die ein Solarfluid fließt, welches die Wärme durch Sonneneinstrahlung oder aus der Umgebung aufnimmt. Über einen Wärmetauscher wird diese an den Wärmepumpenkreislauf abgegeben. Das Design der Kanalstrukturen beruht auf dem vom Fraunhofer ISE entwickelten bionischen FracTherm-Verfahren. Damit können nahezu beliebige Formen mit einem gleichmäßig durchströmten Kanalnetzwerk versehen werden. Gleichzeitig haben sie den technischen Vorteil, dass sie zu einer gleichmäßigen Durchströmung bei geringem Energieaufwand für die Pumpe führen. Gefertigt werden die Elemente aus Ultrahochleistungsbeton mit Hilfe eines Membran-Vakuumtiefziehverfahrens.
Als Niedertemperatur-Wärmequellen für Wärmepumpen können die durchströmbaren Fassadenelemente eine geräuschlose, optisch ansprechende Alternative zu Außenluft-einheiten von Luft-Wasser-Wärmepumpen darstellen. „Unseren Simulationen zufolge können die verfügbaren Fassadenflächen bei Neubauten oder sanierten Bestandsgebäuden für diesen Zweck ausreichen“, sagt Michael Hermann, Koordinator des Verbundforschungsprojekts Tabsolar III. Die unverglaste Variante ist als Wärmepumpen-Quelle, für die Trinkwarmwasservorerwärmung oder für Schwimmbäder vorgesehen und kann ähnlich wie marktverfügbare Fassadenelementen aus UHPC durch Strukturierung oder Farbe gestaltet werden. Die verglasten und mit spektralselektiven Schichten versehenen Elemente der Produktfamilie sind ähnlich wie klassische Solarthermie-Kollektoren für die Trinkwassererwärmung und die Heizungsunterstützung vorgesehen, da sie höhere Temperaturen erreichen.
Die vorgefertigten Fassadenelemente werden derzeit für vorgehängte hinterlüftete Fassaden entwickelt, sind perspektivisch jedoch auch in Wärmedämmverbundsystemen oder Sandwichwandaufbauten vorstellbar. Im Gebäudeinnern sollen die Elemente als thermoaktive Bauteilsysteme, auch in Ergänzung mit einer klassischen Betonkernaktivierung, für die Heizung oder Kühlung zum Einsatz kommen. Im Projekt Tabsolar wird der Einsatz der neuen Fassadenelemente von der Vorplanung über Planung, Fertigung und Montage bis zum Betrieb unter Einbeziehung der beteiligten Gewerke getestet. „Das ganze Projekt wurde von Beginn an interdisziplinär gedacht, wir haben die integrierte Solartechnik und die Baubranche zusammengebracht, um gemeinsam eine innovative, architektonisch attraktive Baulösung für die Energiewende zu entwickeln“, sagt Hermann. Dazu gehören auch neue Software-Werkzeuge für die Planungsphase: eine Augmented-Reality-App zur Vor-Ort-Visualisierung der Fassaden sowie ein Webkonfigurator für deren weitere Auslegung.
Fh.-ISE / JOL