20.04.2023 • Energie

Fraktal-Fassade als Wärmequelle

Solarthermische Module sammeln Wärme für Wärmepumpen.

Wärmepumpen erleben als Heiz­technologie derzeit einen Boom, doch nicht auf jedem Grundstück ist Platz für die Außen­lufteinheit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Neuartige solar­thermische Fassaden­elemente sind hierfür eine geräuschlose, archi­tektonisch gestaltbare und platzsparende Alternative. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg entwickelt und testet sie im aktuellen Projekt Tabsolar III gemeinsam mit Industrie­partnern. 

Abb.: Rückseite eines Fassaden-Elements mit bionischer Kanalstruktur. (Bild:...
Abb.: Rückseite eines Fassaden-Elements mit bionischer Kanalstruktur. (Bild: G.tecz Eng.)

Die solar­thermischen Komponenten bestehen aus Ultrahochleis-tungsbeton (UHPC), die als verglaste oder unverglaste Fassaden­elemente architektonisch gestaltet werden können. Die Elemente sind von Kanälen durchzogen, durch die ein Solarfluid fließt, welches die Wärme durch Sonnen­einstrahlung oder aus der Umgebung aufnimmt. Über einen Wärmetauscher wird diese an den Wärmepumpen­kreislauf abgegeben. Das Design der Kanalstrukturen beruht auf dem vom Fraunhofer ISE entwickelten bionischen FracTherm-Verfahren. Damit können nahezu beliebige Formen mit einem gleichmäßig durchströmten Kanal­netzwerk versehen werden. Gleichzeitig haben sie den technischen Vorteil, dass sie zu einer gleichmäßigen Durchströmung bei geringem Energieaufwand für die Pumpe führen. Gefertigt werden die Elemente aus Ultrahoch­leistungsbeton mit Hilfe eines Membran-Vakuumtiefzieh­verfahrens.

Als Nieder­temperatur-Wärmequellen für Wärmepumpen können die durchströmbaren Fassaden­elemente eine geräuschlose, optisch ansprechende Alternative zu Außenluft-einheiten von Luft-Wasser-Wärmepumpen darstellen. „Unseren Simulationen zufolge können die verfügbaren Fassaden­flächen bei Neubauten oder sanierten Bestands­gebäuden für diesen Zweck ausreichen“, sagt Michael Hermann, Koordinator des Verbund­forschungsprojekts Tabsolar III. Die unverglaste Variante ist als Wärmepumpen-Quelle, für die Trinkwarmwasser­vorerwärmung oder für Schwimmbäder vorgesehen und kann ähnlich wie marktverfügbare Fassaden­elementen aus UHPC durch Strukturierung oder Farbe gestaltet werden. Die verglasten und mit spektral­selektiven Schichten versehenen Elemente der Produktfamilie sind ähnlich wie klassische Solarthermie-Kollektoren für die Trinkwasser­erwärmung und die Heizungs­unterstützung vorgesehen, da sie höhere Temperaturen erreichen.

Die vorgefertigten Fassaden­elemente werden derzeit für vorgehängte hinterlüftete Fassaden entwickelt, sind perspektivisch jedoch auch in Wärmedämm­verbundsystemen oder Sandwichwand­aufbauten vorstellbar. Im Gebäudeinnern sollen die Elemente als thermoaktive Bauteilsysteme, auch in Ergänzung mit einer klassischen Betonkern­aktivierung, für die Heizung oder Kühlung zum Einsatz kommen. Im Projekt Tabsolar wird der Einsatz der neuen Fassadenelemente von der Vorplanung über Planung, Fertigung und Montage bis zum Betrieb unter Einbeziehung der beteiligten Gewerke getestet. „Das ganze Projekt wurde von Beginn an inter­disziplinär gedacht, wir haben die integrierte Solartechnik und die Baubranche zusammen­gebracht, um gemeinsam eine innovative, archi­tektonisch attraktive Baulösung für die Energiewende zu entwickeln“, sagt Hermann. Dazu gehören auch neue Software-Werkzeuge für die Planungsphase: eine Augmented-Reality-App zur Vor-Ort-Visua­lisierung der Fassaden sowie ein Web­konfigurator für deren weitere Auslegung.

Fh.-ISE / JOL

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