Freie-Elektronen-Laser mit Plasma-Beschleunigung
Prototyp basiert auf einem neuen Konzept für deutlich kompaktere Anlagen.
Freie-Elektronen-Laser (FELs) erzeugen extrem intensive Lichtpulse. Insbesondere im Röntgenbereich lassen sich damit unterschiedlichste Materialien detailliert analysieren und ultraschnelle Prozesse genauestens verfolgen. Bisher basieren die Anlagen auf konventionellen Elektronenbeschleunigern, was sie lang und kostspielig macht. Auf dem Weg zu einer günstigeren Variante ist einem internationalen Team am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf nun ein Durchbruch geglückt: Es konnte einen FEL mit einer noch jungen Technologie realisieren – der Laserplasma-Beschleunigung. Perspektivisch scheinen damit deutlich kompaktere Anlagen möglich, was die Einsatzmöglichkeiten von FELs erheblich erweitern würde.
Freie-Elektronen-Laser wie der European XFEL in Hamburg zählen zu den leistungsfähigsten, aber auch aufwendigsten Forschungsmaschinen der Welt. Das Prinzip: Mithilfe starker Radiowellen bringt ein Beschleuniger Elektronen bis nahe an die Lichtgeschwindigkeit. Dann fliegen die zu Paketen gebündelten Teilchen durch den Undulator – eine Magnetnordnung, die die Elektronenpakete auf Slalombahnen zwingt. Dadurch ordnen sich die Pakete zu vielen kleineren Päckchen um, die gemeinsam starke, laserartige Lichtpulse aussenden. Mit diesen Pulsen lassen sich dann bisher unbekannte Eigenschaften von Materialien entschlüsseln oder extrem schnelle Prozesse verfolgen, zum Beispiel chemische Reaktionen, die in Billiardstel Sekunden ablaufen.
Doch der milliardenteure European XFEL und ähnliche Anlagen haben einen Nachteil: „Sie sind mehrere hundert Meter oder sogar ein paar Kilometer lang“, sagt Ulrich Schramm, Direktor des HZDR-Instituts für Strahlenphysik. „Deshalb arbeiten wir daran, solche Anlagen kleiner und kostengünstiger zu machen, dann könnten sie künftig auch näher bei den Nutzern an Universitäten und der Industrie stehen.“ Basis ist eine noch in der Entwicklung befindliche Technologie – die Laserplasma-Beschleunigung. „Mit einem Hochleistungslaser feuern wir kurze, ultrastarke Lichtblitze in ein Plasma“, erklärt Physiker Arie Irman. „In dem Plasma erzeugt der Lichtpuls dann ein starkes elektrisches Wechselfeld, ähnlich der Kielwelle eines Schiffs.“ Diese Welle kann Elektronen auf kürzester Entfernung enorm beschleunigen. Im Prinzip könnte dadurch ein Beschleuniger, der heute hundert Meter lang ist, auf eine Länge von unter einem Meter schrumpfen.
Zwar lassen sich grundsätzlich schon länger Elektronen mit dieser Technik beschleunigen. Doch bisher war es nur in Ansätzen gelungen, die schnellen Teilchenpakete aus dem Plasmabeschleuniger in einem Undulator in Laserlicht umzuwandeln. Um erstmals ein gut kontrollierbares Laserlicht per Plasmabeschleunigung zu erzeugen, tat sich das HZDR mit Fachleuten des französischen Synchrotrons SOLEIL zusammen. „Ein in Dresden installierter Plasmabeschleuniger, angetrieben vom Hochleistungslaser DRACO, lieferte schnelle Elektronenpakete von hoher Strahlqualität“, beschreibt SOLEIL-Physikerin Marie-Emmanuelle Couprie die Arbeitsteilung. „Dahinter bauten dann wir einen Undulator mitsamt der dazugehörigen Strahlführung auf, die wir vorher über mehrere Jahre gemeinsam mit dem französischen Plasmabeschleuniger-Labor Laboratoire d’Optique Appliquée optimiert hatten.“
Um Laserblitze im ultravioletten Bereich zu erzeugen, hatten die Forschenden mehrere Probleme zu lösen. „Wir mussten Teilchenpakete herstellen, die sehr viele Elektronen enthalten“, erläutert Irman. „Zugleich war es wichtig, dass diese Elektronen eine möglichst einheitliche Energie besitzen.“ Damit die Elektronenpakete nicht allzu rasch auseinanderlaufen, kam eine raffinierte Methode zum Einsatz: die Plasmalinse. Außerdem nutzte das Team eine Seeding-Technik: Synchron zu den Elektronenpaketen schoss es gezielt Lichtpulse in den Undulator, was den FEL-Prozess zusätzlich beschleunigte und die Qualität der Laserblitze verbesserte. Auch bezüglich des Undulators haben sich die Wissenschaftler einige Tricks einfallen lassen: „Indem wir einen Quadrupol-Magneten, eine magnetische Linse, präzise einstellen und ansteuern können, lassen sich die Elektronenpakete sehr genau kontrollieren und bündeln“, erzählt Couprie.
Mit diesem Aufbau konnte das Team schließlich sein Ziel erreichen: Wie erhofft, erzeugte der plasmabetriebene FEL ultrakurze UV-Laserblitze. „Seit 15 Jahren spricht man in der Physikgemeinde darüber, so einen Freie-Elektronen-Laser zu realisieren“, freut sich Ulrich Schramm. „Sie können sich vorstellen, wie froh wir sind, dass wir das nun in Dresden geschafft haben.“ Auch für Arie Irman geht ein Traum in Erfüllung: „Ein plasmagetriebener FEL galt immer als einer der wichtigsten Meilensteine auf unserem Feld. Durch unser Experiment sind wir nun ein gutes Stück vorangekommen.“
Doch bevor sich ein Plasma-FEL praktisch nutzen lässt, gibt es noch diverse Herausforderungen zu meistern. So konnte der Aufbau in Dresden zwar UV-Pulse erzeugen, in der Forschung sind jedoch hochintensive Röntgenblitze gefragt – wofür die Elektronen deutlich stärker beschleunigt werden müssten. „Das gelingt mit der Plasmabeschleunigung zwar schon im Prinzip, bislang aber ist die Qualität der Elektronenpakete für einen Röntgen-FEL noch zu schlecht und zu instabil“, erklärt Schramm. „Doch mit einer neuen Generation von Hochleistungslasern hoffen wir, dieses Problem zu lösen.“ Gelingt das Unterfangen, könnten Freie-Elektronen-Laser in Zukunft in den Institutskeller passen – und könnten damit deutlich mehr Forschungsteams zur Verfügung stehen als heute.
HZDR / JOL
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