09.12.2022

Freie-Elektronen-Laser mit Plasma-Beschleunigung

Prototyp basiert auf einem neuen Konzept für deutlich kompaktere Anlagen.

Freie-Elektronen-Laser (FELs) erzeugen extrem intensive Lichtpulse. Insbesondere im Röntgenbereich lassen sich damit unter­schiedlichste Materialien detailliert analysieren und ultra­schnelle Prozesse genauestens verfolgen. Bisher basieren die Anlagen auf konventionellen Elektronen­beschleunigern, was sie lang und kostspielig macht. Auf dem Weg zu einer günstigeren Variante ist einem inter­nationalen Team am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf nun ein Durchbruch geglückt: Es konnte einen FEL mit einer noch jungen Technologie realisieren – der Laserplasma-Beschleunigung. Perspek­tivisch scheinen damit deutlich kompaktere Anlagen möglich, was die Einsatz­möglichkeiten von FELs erheblich erweitern würde.

Freie-Elektronen-Laser wie der European XFEL in Hamburg zählen zu den leistungs­fähigsten, aber auch aufwendigsten Forschungs­maschinen der Welt. Das Prinzip: Mithilfe starker Radiowellen bringt ein Beschleuniger Elektronen bis nahe an die Licht­geschwindigkeit. Dann fliegen die zu Paketen gebündelten Teilchen durch den Undulator – eine Magnet­nordnung, die die Elektronen­pakete auf Slalombahnen zwingt. Dadurch ordnen sich die Pakete zu vielen kleineren Päckchen um, die gemeinsam starke, laserartige Lichtpulse aussenden. Mit diesen Pulsen lassen sich dann bisher unbekannte Eigenschaften von Materialien entschlüsseln oder extrem schnelle Prozesse verfolgen, zum Beispiel chemische Reaktionen, die in Billiardstel Sekunden ablaufen.

Doch der milliardenteure European XFEL und ähnliche Anlagen haben einen Nachteil: „Sie sind mehrere hundert Meter oder sogar ein paar Kilometer lang“, sagt Ulrich Schramm, Direktor des HZDR-Instituts für Strahlenphysik. „Deshalb arbeiten wir daran, solche Anlagen kleiner und kosten­günstiger zu machen, dann könnten sie künftig auch näher bei den Nutzern an Universitäten und der Industrie stehen.“ Basis ist eine noch in der Entwicklung befindliche Technologie – die Laserplasma-Beschleunigung. „Mit einem Hochleistungs­laser feuern wir kurze, ultrastarke Lichtblitze in ein Plasma“, erklärt Physiker Arie Irman. „In dem Plasma erzeugt der Lichtpuls dann ein starkes elektrisches Wechselfeld, ähnlich der Kielwelle eines Schiffs.“ Diese Welle kann Elektronen auf kürzester Entfernung enorm beschleunigen. Im Prinzip könnte dadurch ein Beschleuniger, der heute hundert Meter lang ist, auf eine Länge von unter einem Meter schrumpfen.

Zwar lassen sich grund­sätzlich schon länger Elektronen mit dieser Technik beschleunigen. Doch bisher war es nur in Ansätzen gelungen, die schnellen Teilchenpakete aus dem Plasma­beschleuniger in einem Undulator in Laserlicht umzuwandeln. Um erstmals ein gut kontrollier­bares Laserlicht per Plasma­beschleunigung zu erzeugen, tat sich das HZDR mit Fachleuten des französischen Synchrotrons SOLEIL zusammen. „Ein in Dresden installierter Plasma­beschleuniger, angetrieben vom Hochleistungs­laser DRACO, lieferte schnelle Elektronenpakete von hoher Strahl­qualität“, beschreibt SOLEIL-Physikerin Marie-Emmanuelle Couprie die Arbeitsteilung. „Dahinter bauten dann wir einen Undulator mitsamt der dazu­gehörigen Strahlführung auf, die wir vorher über mehrere Jahre gemeinsam mit dem französischen Plasma­beschleuniger-Labor Laboratoire d’Optique Appliquée optimiert hatten.“

Um Laserblitze im ultra­violetten Bereich zu erzeugen, hatten die Forschenden mehrere Probleme zu lösen. „Wir mussten Teilchen­pakete herstellen, die sehr viele Elektronen enthalten“, erläutert Irman. „Zugleich war es wichtig, dass diese Elektronen eine möglichst einheitliche Energie besitzen.“ Damit die Elektronen­pakete nicht allzu rasch auseinander­laufen, kam eine raffinierte Methode zum Einsatz: die Plasmalinse. Außerdem nutzte das Team eine Seeding-Technik: Synchron zu den Elektronenpaketen schoss es gezielt Lichtpulse in den Undulator, was den FEL-Prozess zusätzlich beschleunigte und die Qualität der Laserblitze verbesserte. Auch bezüglich des Undulators haben sich die Wissenschaftler einige Tricks einfallen lassen: „Indem wir einen Quadrupol-Magneten, eine magnetische Linse, präzise einstellen und ansteuern können, lassen sich die Elektronen­pakete sehr genau kontrollieren und bündeln“, erzählt Couprie.

Mit diesem Aufbau konnte das Team schließlich sein Ziel erreichen: Wie erhofft, erzeugte der plasma­betriebene FEL ultrakurze UV-Laserblitze. „Seit 15 Jahren spricht man in der Physik­gemeinde darüber, so einen Freie-Elektronen-Laser zu realisieren“, freut sich Ulrich Schramm. „Sie können sich vorstellen, wie froh wir sind, dass wir das nun in Dresden geschafft haben.“ Auch für Arie Irman geht ein Traum in Erfüllung: „Ein plasmagetriebener FEL galt immer als einer der wichtigsten Meilensteine auf unserem Feld. Durch unser Experiment sind wir nun ein gutes Stück vorangekommen.“

Doch bevor sich ein Plasma-FEL praktisch nutzen lässt, gibt es noch diverse Heraus­forderungen zu meistern. So konnte der Aufbau in Dresden zwar UV-Pulse erzeugen, in der Forschung sind jedoch hochintensive Röntgenblitze gefragt – wofür die Elektronen deutlich stärker beschleunigt werden müssten. „Das gelingt mit der Plasmabeschleunigung zwar schon im Prinzip, bislang aber ist die Qualität der Elektronenpakete für einen Röntgen-FEL noch zu schlecht und zu instabil“, erklärt Schramm. „Doch mit einer neuen Generation von Hochleistungs­lasern hoffen wir, dieses Problem zu lösen.“ Gelingt das Unterfangen, könnten Freie-Elektronen-Laser in Zukunft in den Institutskeller passen – und könnten damit deutlich mehr Forschungsteams zur Verfügung stehen als heute.

HZDR / JOL

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