Fremde Welten – gleiche Erosion
Methanflüsse auf Titan verändern die Landschaft ganz ähnlich wie irdische Gewässer.
Der Saturnmond Titan ist immer für ein paar Überraschungen gut. Nicht nur besitzt er eine Atmosphäre, die dichter als die Erdatmosphäre ist und hauptsächlich aus Stickstoff und Methan besteht. Unter seiner Oberfläche aus Wassereis befindet sich ein Ozean aus flüssigem Wasser. Einige Forscher spekulieren, dass sich dort in einem chemischen Milieu, das an die junge Erde erinnert, Frühformen des Lebens befinden könnten. Aber auch auf der Oberfläche des mit Abstand größten Saturnmondes geschehen geologische Erosionsprozesse, die mit unserem Planeten vergleichbar sind. Forscher des MIT haben auf Radaraufnahmen der Cassini-Raumsonde Gewässersysteme aus flüssigem Methan analysiert und mit irdischen Strömen verglichen.
Abb.: Radaraufnahmen der Cassini-Mission zeigen Gewässersysteme um den Nordpol Titans. (Bild: NASA, JPL / USGS)
Da Titan unter einer dichten Schicht orangener Nebelwolken verborgen ist, können nur Radardaten Aufschluss über seine Geologie liefern. Dabei zeigen sich langgestreckte, dünne Kanäle. Auch ist Titan von nur wenigen Kratern überzogen, seine Geologie ist mit rund 100 Millionen bis zu einer Milliarde Jahren vergleichsweise jung. Die Frage besteht also, ob die Oberfläche von Titan durch Fließgewässer oder durch andere geologische Prozesse wie tektonische Verschiebungen oder Eisvulkane umgeformt wurde. Nur von der Erde, dem Mars und dem Saturnmond Titan sind geologische Fließprozesse bekannt, die nicht durch Vulkanismus hervorgerufen werden.
Abb.: Rekonstruierte Flüsse aus Kohlenwasserstoffen auf Titan. (Bild: NASA, JPL / USGS)
Die Forscher analysierten zu diesem Zweck 52 Gewässersysteme von vier verschiedenen Regionen und überprüften sie anhand von Modellen, die sie zum Vergleich auch auf irdische Ströme anwendeten. Die waren lang und dünn, was auf geringe Erosion und ein geringes Alter schließen lässt. Es fanden sich aber auch baumartig aufgefächerte Ströme mit etlichen Nebenflüssen, was wiederum ein Zeichen für fortgeschrittene Erosion und ein höheres Alter ist. Diese waren jedoch seltener vertreten.
Abb.: Titan ist mit Abstand der größte Mond Saturns, er stellt sogar den Planeten Merkur in den Schatten. Christiaan Huygens entdeckte Titan 1655. Die Raumsonde Cassini setzte eine europäische Landesonde, die den Namen des niederländischen Astronomen trug, 2005 auf ihm ab. (Bild: NASA, JPL / SSI)
Zur Analyse verwendeten die Forscher eine neue Methode, die kumulative Erosion aus der Breitefunktion der Fließgewässer zu bestimmen. Insbesondere ähnelt die Topologie auf Titan einigen geologisch jungen Regionen auf der Erde, wie der Vulkaninsel Kauai, die zu Hawaii gehört, oder einigen Regionen Nordamerikas, die während der letzten Eiszeit vergletschert waren. Aus ihren Daten schließen die Forscher, dass die Oberfläche von Titan nur zu wenigen Prozent durch Fließgewässer umgeformt worden ist. Titans Geologie wird also durch andere Prozesse maßgeblich bestimmt.
Dirk Eidemüller
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