06.08.2021

Frequenzmessung mit extremer Präzision

Exaktes Referenzsignal kann über das Glasfasernetz übermittelt werden.

Für viele wissen­schaftliche Experimente benötigen die Forschenden eine präzise Referenz­frequenz, mit der sie die Zeitmessung ihrer Geräte kalibrieren können. Zu diesen Experimenten gehören beispiels­weise Spektroskopie-​Untersuchungen, bei denen chemische Reaktionen zwischen Molekülen in Echtzeit untersucht werden, oder physikalische Studien zu Natur­konstanten. Schon bald könnte nun die Verfügbarkeit einer solchen hochpräzisen Referenz­frequenz zur Grundausstattung von Forschungs­institutionen gehören. Forschende der ETH Zürich, der Universität Basel, des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (Metas) sowie der Stiftung Switch haben in einem gemeinsamen Projekt zeigen können, dass ein solches präzises Referenz­signal über die herkömmliche Telekommuni­kations-​Infrastruktur übermittelt werden kann.

Abb.: Dominik Husmann justiert den optischen Aufbau, mit dem basierend auf...
Abb.: Dominik Husmann justiert den optischen Aufbau, mit dem basierend auf einem Infrarot-​Laser eine präzise Referenz­frequenz erzeugt wird. (Bild: Metas)

„Die ersten Erfahrungen zeigen, dass chemische Spektro­skopie-​Analysen damit mit einer um einen Faktor 100 höheren Genauigkeit durchgeführt werden können als bisher“, sagt Stefan Willitsch von der Universität Basel. „Mit dieser Genauigkeit werden die Gesetze der Natur durch spektro­skopische Messungen an Molekülen mit noch nie erreichter Genauigkeit überprüft“, ergänzt Frédéric Merkt von der ETH Zürich. Konkret wurde im Projekt ein Versuchsnetz aufgebaut, das den Sitz von Metas in Bern-​Wabern mit der Universität Basel und der ETH Zürich verbindet. Das Ausgangssignal, das über ein ausge­klügeltes Verfahren mit der Atomuhr von Metas synchro­nisiert wird, wird dabei über das Glasfasernetz von Switch nach Basel und Zürich übermittelt, wo es die Forschenden dann zum Kalibrieren ihrer Messgeräte verwenden können.

„Damit das Signal tatsächlich bei den Forschenden mit der gewünschten Präzision ankommt, muss die Übertragung laufend nachjustiert werden. Bereits kleinste Längen­veränderungen des Glasfaserkabels, etwa durch Erschütterungen oder Temperatur­veränderungen, wirken sich auf die Frequenz aus“, sagt Jacques Morel, Leiter des Labors Photonik, Zeit und Frequenz bei Metas. Deshalb wird das Signal in Basel und Zürich nach Bern zurück­gespiegelt, wo das Ausgangssignal dann entsprechend korri­giert wird. „In der Schweiz stehen wir beim Aufbau eines solchen Netzwerkes erst am Anfang“, sagt Jérôme Faist vom Institut für Quanten­elektronik der ETH Zürich. „In anderen Ländern wie Italien, Deutschland und Frankreich ist man diesbezüglich bereits einen Schritt weiter.“

In diesen Ländern werden die Referenz­frequenzen bisher auf zwei Arten übermittelt, die beide ihre spezifischen Nachteile haben: Entweder wird das Signal über eine spezielle Leitung verschickt; das führt zwar zu einem physikalisch optimalen Resultat, ist aber kostspielig. Oder man nutzt zur Übermittlung die bestehende Infrastruktur der Tele­kommunikations­anbieter. Das ist zwar wesentlich günstiger, aber technisch nicht optimal. Denn das Referenz­signal für die Zeitmessung wird dabei ebenfalls im C-​Band übermittelt, also mit einer ähnlichen Grundfrequenz wie der Datenverkehr. Dadurch wird zum einen das Referenz­signal potenziell durch den übrigen Datenverkehr gestört. Gleichzeitig wird ein Kanal, der normaler­weise für die Daten­übermittlung genutzt wird, blockiert, was den Betrieb kompliziert.

„Wir haben nun einen dritten Weg entwickelt“, sagt Fabian Mauchle, Projekt­verantwortlicher bei Switch: „Wir nutzen aus Kostengründen das bereits existierende Netz von Switch, weichen aber für die Übermittlung des Referenz­signals vom physikalisch optimalen C-​Band, das eben durch den Datenverkehr bereits stark belegt ist, auf das noch weitgehend freie L-​Band aus, das eine abweichende Grund­frequenz hat.“ Die Resultate zeigen nun, dass auch im L-​Band das Referenzsignal mit einer sehr guten Qualität übermittelt werden kann und dass es dabei nicht durch den Daten­verkehr gestört wird. Dazu war es jedoch notwendig, dass Switch gewisse Modi­fikation an der Netzinfra­struktur vornahm.

In einem nächsten Schritt geht es nun darum, das Netz weiter auszubauen und auch andere Institutionen in der Schweiz anzuschließen, etwa das Cern in Genf, die EPFL in Lausanne oder die Universität Neuenburg. Auch auf inter­nationaler Ebene wird eine Vernetzung angestrebt. Ziel ist es, einen länder­übergreifenden Verbund aufzubauen, mit dem die Signale von verschiedenen Atomuhren miteinander verglichen werden können. Damit würde auch die Realisierung einer noch präziseren Zeitmessung als SI-​Einheit Sekunde ermöglicht. Die heutigen Atomuhren, welche die einheit­liche Zeitmessung weltweit sicherstellen, werden mit Satelliten­signalen im Gigahertz-​Bereich verglichen. Atomuhren, die mit optischen Signalen im Terahertz-​Bereich aufeinander abgestimmt werden, könnten die Sekunde nicht mehr nur bis zu 16. Nachkomma­stelle genau messen, sondern sogar bis zur 18. Nachkomma­stelle. Doch das geht eben nur, wenn die Signale zum Vergleich dieser optischen Uhren mit Licht über Glasfasern übermittelt werden.

ETHZ / JOL

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