17.01.2019

Fünftausend Mal schneller als ein Computer

Atomarer Gleichrichter für Licht erzeugt gerich­teten elek­trischen Strom.

Wenn Licht in einem Halbleiterkristall ohne Inversions­symmetrie absor­biert wird, können elek­trische Ströme erzeugt werden. Wissen­schaftler am Max-Born-Institut haben jetzt gerich­tete Ströme bei Tera­hertz­frequenzen erzeugt, die bei weitem die Takt­raten moderner Höchst­frequenz­elek­tronik schlagen. Die Forscher zeigen, dass eine elek­tro­nische Ladungs­über­tragung zwischen benach­barten Atomen im Kristall­gitter den zugrunde liegenden physi­ka­lischen Mecha­nismus dar­stellt.

Abb.: Einheitszelle des Halb­leiters Gallium­arsenid. Chemische Bindungen...
Abb.: Einheitszelle des Halb­leiters Gallium­arsenid. Chemische Bindungen (blau) binden jedes Gallium­atom an vier benach­barte Arsen­atome (und um­ge­kehrt). Valenz­elek­tronen­dichte auf der grauen Ebene in (a) im (b) Grund­zustand (Elek­tronen im Valenz­band) und im (c) ange­regten Zustand (Elek­tronen im Leitungs­band). Zusätz­lich zu den hier gezeigten Valenz­elek­tronen gibt es noch stark gebun­dene Elek­tronen nahe der Atom­kerne. (Bild: MBI)

Solarzellen konvertieren die Energie von Licht in einen gerich­teten elek­trischen Strom, welcher dann die Energie­ver­sorgung von elek­trischen Ver­brauchern gewähr­leistet. Physi­ka­lische Schlüssel­prozesse sind hierbei die Ladungs­trennung während der Licht­absorp­tion und der anschlie­ßende Trans­port von elek­trischer Ladung zu den Kontakten der Solar­zelle. Die elek­trischen Ströme werden von nega­tiven Elek­tronen und posi­tiven Löchern getragen, die Intra­band­bewe­gungen in den ver­schie­denen elek­tro­nischen Bändern des Halb­leiters aus­führen. Aus physi­ka­lischer Sicht sind folgende Fragen wesent­lich: Welches ist die kleinste Einheit in einem Kristall, die solch einen licht­indu­zierten gerich­teten Strom erzeugen kann? Was sind die höchst­mög­lichen Frequenzen für solche elek­trischen Ströme? Welche Mecha­nismen auf der atomaren Längen­skala sind für solch einen Ladungs­trans­port ver­ant­wort­lich?

Die kleinste Einheit in einem Kristall ist die Einheits­zelle, eine wohl­defi­nierte Anord­nung von Atomen, die durch die chemischen Bindungen bestimmt wird. Die Einheits­zelle des proto­typischen Halb­leiters Gallium­arsenid stellt ein Kristall­gitter aus Gallium- und Arsen-Atomen ohne Inver­sions­zentrum dar. Der elek­tro­nische Grund­zustand des Kristalls ist durch ein voll­ständig gefülltes Valenz­band gekenn­zeichnet, dessen elek­tro­nische Ladungs­dichte auf der Bindung zwischen Ga- und As-Atomen konzen­triert ist. Bei Absorp­tion von infra­rotem oder sicht­barem Licht wird ein Elektron aus dem Valenz­band in das energe­tisch nächst­gelegene Leitungs­band gehoben. In diesem neuen Zustand ist die elek­tro­nische Ladung in Rich­tung des Ga-Atoms ver­schoben. Dieser Ladungs­transfer ent­spricht einem lokalen elek­trischen Strom, welcher Inter­band­strom oder auch Ver­schiebe­strom genannt wird und sich funda­mental von Elek­tronen­bewe­gungen inner­halb der Bänder unter­scheidet. Bis vor kurzem gab es eine kontro­verse Debatte unter Theore­tikern, ob der experi­men­tell beob­achtete, licht­indu­zierte Strom auf Intra­band­bewe­gungen oder Inter­band­bewe­gungen fußt.

Wissenschaftler am Max-Born-Institut in Berlin unter­suchten experi­men­tell die licht­indu­zierten elek­trischen Ströme im Halb­leiter Gallium­arsenid zum ersten Mal auf ultra­schnellen Zeit­skalen bis hinab zu fünfzig Femto­sekunden. Mit Hilfe von ultra­kurzen, inten­siven Licht­impulsen vom infra­roten bis in den sicht­baren Spektral­bereich erzeugten sie Ver­schiebe­ströme in Gallium­arsenid, die sehr schnell oszil­lieren und damit Tera­hertz-Strahlung mit einer Band­breite bis zu zwanzig Tera­hertz erzeugen. Die Eigen­schaften dieser Ströme und die zugrunde liegenden Elek­tronen­bewe­gungen konnten im Detail über abge­strahlte Tera­hertz-Wellen bestimmt werden, deren Ampli­tude und Phase direkt experi­men­tell gemessen wurden. Die Tera­hertz-Strahlung zeigt ultra­kurze Strom­stöße des gleich­ge­rich­teten Lichts bei Frequenzen, die fünf­tausend Mal höher sind als die Takt­raten moderner Computer­systeme.

Die experimentell beobachteten Eigenschaften der Verschiebe­ströme sind nicht mit dem physi­ka­lischen Bild von Intra­band­bewe­gungen von Elek­tronen oder Löchern ver­einbar. Ganz im Gegen­teil, Modell­rech­nungen basierend auf Intra­band­bewe­gungen von Elek­tronen in einer Pseudo­poten­tial-Band­struktur repro­du­zieren die experi­men­tellen Ergeb­nisse und zeigen, dass ein inter­atomarer Über­trag von elek­tro­nischer Ladung in der Größen­ordnung einer chemischen Bindungs­länge den Schlüssel­mecha­nismus dar­stellt. Dieser Prozess findet in jeder Einheits­zelle des Kristalls statt, also auf einer Sub­nano­meter-Längen­skala, und erlaubt die Gleich­rich­tung von Licht. Dieser Effekt kann auch bei noch höheren Frequenzen aus­ge­nutzt werden und eröffnet neue inte­res­sante An­wen­dungen in der Höchst­frequenz­elektronik.

FV Berlin / RK

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