Fütterung der ersten supermassereichen schwarzen Löcher
Ausgedehnte Wasserstoffwolken könnten schnelles Wachstum ermöglicht haben.
Supermassereiche schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien finden sich zunehmend in Entfernungen, die einem Alter des Universums von nur wenigen hundert Millionen Jahren entsprechen. Eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Emanuele Paolo Farina vom MPI für Astronomie in Heidelberg hat jetzt wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen, wie diese Objekte so schnell anwachsen konnten. In der Umgebung von 12 von 31 untersuchten aktiven schwarzen Löchern und ihren Wirtsgalaxien haben sie ausgedehnte Wasserstoffwolken nachgewiesen, die ausreichend Nahrung liefern.
Die ersten Quasare existierten bereits wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall. Wie diese schwarzen Löcher jedoch in der kurzen Zeit zu solch großen Massen anwachsen konnten, ist ein großes Rätsel. Zudem bilden die Wirtsgalaxien dieser Quasare neue Sterne mit einer hundert Mal höheren Rate als die Milchstraße und andere nahe Galaxien. Simulationen wie Illustris TNG lassen Astronomen vermuten, dass dafür ständig enorme Mengen an Gas aus dem intergalaktischen Medium nachgeliefert werden, so dass die Wirtsgalaxien der jungen Quasare in Wolken aus Wasserstoffgas eingehüllt sein sollten. Einer Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Alyssa Drake vom MPI für Astronomie gelang jüngste der Nachweis nennenswerter Gasmengen um vier ferne Quasare.
Im Rahmen des Projekts REQUIEM – Reionization Epoch Quasar Investigation with MUSE – haben Astronomen jetzt systematische Studie nach Anzeichen von Gaswolken in der Nähe der ersten Quasare gesucht. Eine Auswertung der ersten 31 untersuchten Objekte führte in 12 Fällen zum Nachweis von ausgedehnten und überraschend dichten Wasserstoffwolken. Sie alle umhüllen die Wirtsgalaxien und sind gravitativ an sie gebunden. Die Menge an Gas reicht aus, um die Aktivität der Quasare sowie die vermehrte Sternentstehung zu füttern.
Die Astronomen entdeckten die Wasserstoffwolken durch ein charakteristisches Leuchten im UV-Licht. „Als wahrscheinlichste Erklärung für das leuchtende Gas dient der Mechanismus der Fluoreszenz“, erläutert Projekt-
Detektiert wurden diese Wolken durch den Spektrografen MUSE – Multi Unit Spectroscopic Explorer – am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile. Neben der räumlichen Verteilung des Signals des Wasserstoffs misst MUSE zudem die Geschwindigkeit des Gases entlang der Sichtlinie. Aus der Analyse schließen die Wissenschaftler, dass das Gas radial zu den Zentren der Galaxien zu strömen scheint und so die schwarzen Löcher füttert. „Die Entdeckung dieser ausgedehnten Wasserstoffgaswolken ist ein wichtiger Schritt hin zum Verständnis, wie diese schwarzen Löcher innerhalb von wenigen hundert Millionen Jahren seit den ersten Sternen wachsen konnten“, so Farina.
„Wir beginnen mit den aktuellen Studien gerade erst zu erforschen, wie sich die ersten supermassereichen schwarzen Löcher so schnell entwickeln konnten“, ergänzt Drake. „Doch die neuen Instrumente wie MUSE sowie das zukünftige James Webb Space Telescope helfen uns dabei, diese spannenden Rätsel zu lösen.“
MPIA / RK
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichungen
M P. Farina et al.: The REQUIEM Survey I: A Search for Extended Ly–Alpha Nebular Emission Around 31 z > 5.7 Quasars, Astroph. J. 887, 196 (2019); DOI: 10.3847/1538-4357/ab5847
A. B. Drake et al.: Lyα Halos around z ~ 6 Quasars, Astroph. J. 881, 131 (2019); DOI: 10.3847/1538-4357/ab2984 - Supermassive Black Holes and Nuclear Clusters in Galaxies, Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg