Fullerene aus dem All
Bildung der großen Kohlenstoffmoleküle in einem Minireaktor nachgestellt.
Seit Langem wird vermutet, dass im All Fullerene und deren Abkömmlinge entstehen können. Ein internationales Forschungsteam hat nun mit Unterstützung der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul Scherrer Instituts gezeigt, wie diese Reaktion der großen Kohlenstoffmoleküle in Fussball-, Schüssel- oder Röhrchenform abläuft.
2010 fand das Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer die C60-Fussballmoleküle im planetarischen Nebel TC-1. Sie sind damit die größten Moleküle, die bisher im Weltraum außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen wurden. Das Team von Forschenden aus Honolulu, Miami und Tianjin hat nun einen wichtigen Reaktionsschritt bei der Entstehung der Moleküle nachvollzogen – mit Unterstützung des PSI und der Vakuum-Ultraviolett-Strahllinie der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS. „Das PSI bietet einzigartige Experimentiermöglichkeiten und deshalb haben wir uns für eine Kooperation mit Patrick Hemberger vom PSI entschieden“, sagt Ralf Kaiser von der University von Hawaii in Honolulu.
Patrick Hemberger, Wissenschaftler an der VUV-Strahllinie am PSI, hat einen Minireaktor aufgebaut, um die Bildung der Fullerene live beobachten zu können. In einem 1000 Grad Celsius heißen Reaktor wird ein Corannulenylradikal (C20H9) erzeugt. Dieses Molekül sieht aus wie eine Salatschale, in etwa so, als hätte man eine Schüssel vom C60-Fussballmolekül abgeschnitten. Dieses Radikal ist extrem reaktionsfreudig, wodurch es mit Vinylacetylen (C4H4) reagiert, welches am Rand der Schale eine Lage Kohlenstoff andockt. „Würde man diesen Prozess vielfach wiederholen, würde das Molekül zu einer Endkappe eines Nanoröhrchens anwachsen, was wir durch Computersimulationen zeigen konnten“, erklärt Alexander Mebel von der Florida International University. Doch das war nicht das alleinige Ziel der Forschenden. „Wir wollten zeigen, dass diese Art der Reaktion überhaupt möglich ist“, ergänzt Ralf Kaiser.
Bei der Reaktion entstehen verschiedene Isomere. Mit der üblichen Massenspektrometrie liefern alle diese Varianten das gleiche Signal. Anders bei der Photoelektronen-Photoionen-Koinzidenz-Spektroskopie, die das Team hier verwendet hat. „Dort lässt die Struktur der Messkurve Rückschlüsse auf jedes einzelne Isomer zu“, so Hemberger. „Im Universum finden wir einen wilden Zoo aus Molekülen und chemischen Reaktionen – nicht alle lassen sich in den Signalen aus den Teleskopen eindeutig zuordnen“, so Kaiser. Aus Modellen ist bekannt, dass es im All sowohl Corannulenyl als auch Vinylacetylen gibt. Nun konnte bestätigt werden, dass diese Moleküle tatsächlich Bausteine zu Fullerenen bilden. In weiteren Experimenten wollen die Forschenden verstehen, wie sich im All die klassischen Buckyballs bilden, die fussballförmigen Fullerene mit sechzig Kohlenstoffatomen sowie die röhrchenförmigen Nanotubes mit noch mehr Atomen.
PSI / JOL