18.08.2006

Fundamentale Übergänge

Erstmals ist es gelungen, kritische Übergangsphasen bei extrem leuchtschwachen Sternen in einem Kugelsternhaufen zu beobachten.

Fundamentale Übergänge

Erstmals ist es gelungen, kritische Übergangsphasen bei extrem leuchtschwachen Sternen in einem Kugelsternhaufen zu beobachten.

Einem Forscherteam aus Kanada, den USA und Australien ist es erstmals gelungen, kritische Übergangsphasen bei extrem leuchtschwachen Sternen in einem Kugelsternhaufen zu beobachten. Die Astronomen erhoffen sich aus ihren Messungen neue Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung von Sternen, sowie über das Alter und die Entstehung der Milchstraße. Das Team berichtet in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Science“ über seine Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble.

„Das Licht dieser Sterne ist so schwach wie eine Geburtstagskerze auf dem Mond“, erklärt Harvey Richer von der University of British Columbia in Vancouver, der das Forscherteam leitet. Die Wissenschaftler hatten fünf Tage lang das Hubble Space Teleskop auf den uns mit einer Entfernung von 7200 Lichtjahren am zweinächsten stehenden Kugelsternhaufen NGC 6397 gerichtet, um das schwache Licht der Sterne zu sammeln.

Wenn die Masse eines Sterns weniger als acht Prozent der Sonnenmasse beträgt, reichen Druck und Temperatur in seinem Inneren nicht aus, um dort dauerhaft zu einer Fusion von Wasserstoff zu Helium zu führen. Solche „Braunen Zwerge“ kühlen dann innerhalb von etwa einer Milliarde Jahren ab. Im Gegensatz dazu können Sterne direkt oberhalb dieser Massengrenze durch die Kernfusion länger leuchten, als das Universum heute alt ist.

Abb.: Ein Ausschnitt aus der fünf Tage mit dem Hubble Space Telescope belichteten Aufnahme des Kugelsternhaufens NGC 6397. (Quelle: Science/Harvey Richer et al.)

Richer und seinen Kollegen gelang es erstmals, diesen Übergang direkt nachzuweisen. Dazu trugen sie alle lichtschwachen Sterne in ein Farben-Helligkeits-Diagramm ein. Die massearmen Sterne liegen dann alle auf der so genannten Hauptreihe der Wasserstoff verbrennenden Sterne. Doch diese Reihe bricht bei niedrigen Helligkeiten plötzlich ab. Das Hubble Space Telescope hätte jedoch bei der extrem langen Belichtungszeit ohne weiteres auch noch schwächere Sterne nachweisen können. Der Grund für den Abbruch der Hauptreihe ist also ein anderer: Genau an der Abbruchstelle ist die Grenzmasse für die Kernfusion erreicht. Mit 8,3 Prozent der Sonnenmasse entspricht dieses Limit exakt den theoretischen Vorhersagen. Die Braunen Zwerge mit Massen unterhalb dieser Grenze sind lange erloschen - deshalb endet die Hauptreihe an dieser Massengrenze.

Den Forschern gelang auf ähnliche Weise auch der Nachweis eines Übergangs bei so genannten Weißen Zwergen. Dabei handelt es sich um die Überreste normaler Sterne wie unserer Sonne. In ihnen ist die Kernfusion bereits erloschen und sie kühlen langsam aus. Erreichen die Weißen Zwerge eine Temperatur von weniger als 4000 Kelvin, so können sich in ihrer Atmosphäre Wasserstoff-Moleküle bilden. Während sich das Spektrum der Weißen Zwerge zunächst durch ihre Abkühlung rötet, führt die Absorption des Sternenlichts an dem molekularen Wasserstoff dann plötzlich zu einer Blauverfärbung des Spektrums. Dieser Übergang zeichnet sich deutlich als Knick im Farben-Helligkeits-Diagramm der Weißen Zwerge von NGC 6397 ab.

Mit diesen Beobachtungen öffne sich, so die Astronomen, die Tür zu einer extrem genauen Bestimmung des Alters von NGC 6397. Und da es sich bei NGC 6397 um einen der ältesten Kugelsternhaufen unserer Milchstraße handelt, erhoffen sich die Wissenschaftler daraus wiederum neue Erkenntnisse über die Entstehung und das Alter der Galaxis.

Rainer Kayser

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • Burrows et al., An expanded set of brown dwarf and very low mass star models, Astrophysical Journal 406, 158 (1993).
  • G. Fontaine, P. Brassard und P. Bergeron, The Potential of White Dwarf Cosmochronology, Publications of the Astronomical Society of the Pacific 133, 409 (2001).
  • B.M.S. Hansen et al., Hubble Space Telescope Observations of the White Dwarf Cooling Sequence of M4, Astrophysical Journal Supplement Series 155, 551 (2004).

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