18.01.2017

g-Faktor des Antiprotons

Magnetisches Moment unterscheidet sich zwischen Proton und Antiproton nicht.

So offen­sichtlich es ist, dass Materie existiert, ebenso rätselhaft ist noch immer ihre Herkunft. Wissen­schaftler suchen daher nach dem kleinen Unter­schied zwischen einem Teilchen und seinem Anti­teilchen, der die Existenz von Materie erklären könnte. Die BASE-Kolla­boration am Forschungs­zentrum CERN hat bei dieser Suche neue Maßstäbe gesetzt, indem sie eine wichtige Eigen­schaft des Anti­protons mit höchster Genauig­keit vermessen konnte. Der g-Faktor, ein Maß für das magne­tische Moment, wurde dabei gegenüber früheren Messungen um den Faktor sechs verbessert.

Abb.: BASE-Experiment am Antiprotonen-Entschleuniger am CERN in Genf. (Bild: S. Sellner, RIKEN / BASE)

Die Idee, dass so etwas wie Anti­materie existieren müsste, kam Ende der 1920er Jahre auf. Nur wenige Jahre später wurden erstmals Posi­tronen, die Anti­teilchen von Elektronen, entdeckt. Während Positronen auf der Erde natürlicher­weise vorkommen, müssen Anti­protonen, die Anti­teilchen von Protonen, aller­dings künstlich erzeugt werden. Der Speicher­ring „Anti­proton Decelerator“ des CERN produziert gekühlte Antiprotonen in großer Menge für ganz unter­schiedliche Anti­materie-Studien. Bei den Experi­menten der BASE-Gruppe, an der die Abteilung „Ge­speicherte und Gekühlte Ionen“ des Max-Planck-Instituts für Kern­physik MPIK in Heidelberg beteiligt ist, werden tief­gekühlte Antip­rotonen einzeln in einer elektro­magnetischen Teilchen­falle untersucht.

Der Aufbau besteht aus drei Penning­fallen: Eine Vorrats­falle bewahrt eine Wolke von Anti­protonen für den Versuch auf und liefert einzelne Teilchen an eine Falle, die zur kontinuier­lichen Messung des Magnet­felds dient, und an die eigentliche Analyse­falle. Die Analyse­falle wiederum wird von einer extrem großen magne­tischen Flasche überlagert, einem Magnet­feld mit einer Inhomo­genität von 300 Kilotesla pro Quadrat­meter. Diese ultra­starke magne­tische Flasche ist notwendig, um überhaupt die Spin-Flip-Technik anwenden zu können, die der Nobelpreisträger Hans Georg Dehmelt für die Vermessung des magne­tischen Moments des Elektrons und des Positrons entwickelt hat. „Die Heraus­forderung ist in unserem Fall aber wesentlich größer, weil das magne­tische Moment des Protons und des Anti­protons im Vergleich dazu etwa 660 Mal kleiner ist“, berichten die BASE-Wissenschaftler. Das Experiment zur Bestimmung der magne­tischen Eigen­schaften des Protons hatte Prof. Dr. Klaus Blaum im Rahmen seiner Helmholtz-Hochschul-Nachwuchs­gruppe 2005 in Zusammen­arbeit mit Jochen Walz an der Univer­sität Mainz ins Leben gerufen. Mit einer Hoch­präzisions­messung des Protons aus dem Jahr 2014 nimmt die Arbeits­gruppe unangefochten die Spitzen­stellung auf diesem Forschungs­feld ein.

Die Vermessung des Anti­protons folgt diesem Beispiel. Der g-Faktor wurde anhand von sechs Messungen mit einer Genauig­keit von 0,8 Millionstel bestimmt. Der Wert von 2,7928465(23) ist sechs Mal genauer als der bisherige Rekord­halter einer anderen CERN-Forschungs­gruppe aus dem Jahr 2013. Noch im Jahr 2011 war das magne­tische Moment des Anti­protons nur auf drei Nachkomma­stellen genau bekannt. Das neue Ergebnis stimmt inner­halb der erreichten experimen­tellen Unsicher­heit mit dem 2014 in Mainz gemessenen g-Faktor des Protons von 2,792847350(9) überein. „Das bedeutet, dass wir innerhalb der experi­mentellen Messunsicherheit keinen Unter­schied zwischen Protonen und Anti­protonen ausmachen können. Auf diesem Niveau stimmt unsere Messung mit den Erwar­tungen des Standard­models überein“, erklärt Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Kollaboration am CERN.

Proton und Anti­proton erscheinen somit weiterhin spiegel­symmetrisch und bieten vorerst noch keinen Ansatz­punkt für eine Erklärung, weshalb Materie überhaupt existiert und sich nicht in den ersten Augen­blicken des Urknalls zerstrahlt hat. Die BASE-Kolla­boration will in Zukunft aber noch einen Schritt weiter gehen und die Präzision ihrer Messungen weiter erhöhen, indem sie mit einer Doppel­penning­falle arbeitet., Diese schwieri­gere Technik kam für die Mainzer Proton-Messungen 2014 zum Einsatz und bietet eine tausend­fach höhere Genauig­keit. „Die Asym­metrie zwischen Materie und Antimaterie ist so offen­kundig, irgend­etwas muss passiert sein, das im Rahmen der modernen Physik bisher nicht verstanden ist. Unsere große Moti­vation ist es, Ansätze zu finden, die zur Lösung dieses spannenden Rätsels beitragen“, erklärt Ulmer zu den weiteren Vorhaben.

MPIK / JOL

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