02.06.2017

Galaxien im Schnellwachsgang

Überraschender Fund früher Galaxien mit enorm hoher Sternentstehungsrate.

Astronomen haben im frühen Universum eine neue Art von Galaxie entdeckt, die bereits weniger als eine Milliarde nach dem Urknall hundert Mal schneller Sterne bildet als unsere Milch­straße. Das könnte einen früheren Befund erklären: eine Population überraschend masse­reicher Galaxien 1,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall, deren Existenz solche Super-Produktivität voraussetzt. Die Beobachtungen zeigen außerdem das früheste bekannte Beispiel verschmelzender Galaxien.

Abb.: Künstlerische Darstellung eines Quasars mit benachbarten verschmelzenden Galaxien (Bild: MPIA / NASA / ESA / Hubble)

Als eine Gruppe von Astronomen vor ein paar Jahren im frühen Universum eine neue Sorte ungewöhnlich masse­reicher Galaxien entdeckte, gab deren schiere Größe – mit hunderten von Milliarden Sternen – ein Rätsel auf. Diese Galaxien sind so weit entfernt, dass wir sie sehen, wie sie ganze anderthalb Milliarden Jahre nach dem Urknall aussahen, als das Universum nur rund ein Zehntel so alt war wie heute. Wie konnten sie vom Urknall bis dahin, in einer vergleichsweise kurzen Zeit, bereits so viele Sterne bilden?

Jetzt zeigt ein Zufallsfund einer Astronomen­gruppe unter der Leitung von Roberto Decarli vom Max-Planck-Institut für Astronomie eine mögliche Lösung auf: eine Population super­produktiver Galaxien im frühesten Universum, weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall.

Roberto Decarli sagt: „Wir waren eigentlich auf der Suche nach etwas anderem gewesen: nach Stern­entstehungs-Aktivität in den Wirts­galaxien von Quasaren. In vier Fällen fanden wir allerdings etwas Unerwartetes: Nachbar­galaxien der Quasare, die mit großer Geschwindigkeit neue Sterne bildeten, hundert Sonnen­massen pro Jahr". Quasare sind eine kurze Phase der Galaxien-Evolution, angetrieben dadurch, das Materie auf das super­massereiche Schwarze Loch im Zentrum einer Galaxie fällt.

Fabian Walter, Leiter des Beobachtungs­programms mit dem ALMA-Observatorium in Chile, welches zu der Entdeckung führte, sagt: „Es dürfte kein Zufall sein, dass diese produktiven Galaxien so nahe an hellen Quasaren liegen. Quasare entstehen nach heutigem Verständnis in Regionen des Universums, in denen die Materie­dichte deutlich größer ist als im Durchschnitt. Dieselben Bedingungen dürften begünstigen, dass Galaxien besonders schnell neue Sterne bilden."

Ob die neu entdeckten Galaxien tatsächlich die Vorläufer ihrer masse­reichen späteren Verwandten sein und so das kosmische Rätsel lösen können hängt davon ab, wie häufig sie im Universum sind. Dieser Frage wollen sich Decarli und seine Kollegen mit weiteren Beobachtungen widmen.

Die ALMA-Beobachtungen zeigen außerdem eine Galaxien­konfiguration, bei der es sich offenbar um das früheste bekannte Beispiel für zwei miteinander verschmelzende Galaxien handelt. Neben der Entstehung neuer Sterne sind solche Verschmelzungen ein wichtiger Mechanismen für Galaxien­wachstum – und die neuen Beobachtungen geben die ersten direkten Hinweise darauf, dass solche Verschmelzungen bereits in den frühesten Stadien der Galaxien­evolution stattgefunden haben, weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall.

MPIA / DE

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