10.04.2018

Gammastrahlung verrät Supernova-Überreste

Ergebnisse zum 15-jährigen Bestehen des Gamma-Tele­skop­systems HESS ver­öffent­licht.

Seit 15 Jahren durchmustern die HESS-Teleskope die Milch­straße nach Quellen von Gamma­strahlung. Die an dem Projekt betei­ligten Forscher interes­sieren sich unter anderem für Quellen von Gamma­strahlung im TeV-Energie­bereich. Erst­mals konnten sie jetzt Himmels­objekte in der Milch­straße allein auf­grund der Aus­sendung solcher Strahlung klassi­fi­zieren. Es handelt sich mit hoher Wahr­schein­lich­keit um Super­nova-Über­reste, die als Himmels­objekte nach der Explo­sion masse­reicher Sterne zurück­bleiben.

Abb.: Positionen der neu entdeckten Super­nova-Über­rest-Kandi­daten, die sehr hoch­energe­tische Gamma­strahlen aus­senden (untere Abbil­dungen), auf der Karte der HESS-Durch­muste­rung der Milch­straßen­ebene (in der Mitte der oberen Abbil­dung). Die HESS-Durch­muste­rungs­karte ist mit einer Karte des moleku­laren Gases unter­legt, welche mit dem Planck-Satel­liten von der gesamten Himmels­sphäre erzeugt wurde. (Bild: HESS-Kolla­bo­ra­tion)

Mehr als zweihundert TeV-Gammaquellen sind bisher sowohl in der Milch­straße als auch im extra­galak­tischen Raum bekannt. „Häufig können wir die Strahlung bekannten astro­physi­ka­lischen Objekten zuordnen, die bereits zuvor mit konven­tio­nellen Tele­skopen in niedri­geren Frequenz­bändern unter­sucht wurden, zum Beispiel im Bereich von optischen Wellen­längen oder Radio­wellen­längen“, sagt Gerd Pühl­hofer von der Uni Tübingen. „Interes­santer­weise wurden mit der systema­tischen Durch­muste­rung der Ebene der Milch­straße durch die HESS-Tele­skope aber auch viele neue Quellen ent­deckt, die nicht oder nicht ein­deutig mit Objekten in niedri­geren Frequenz­bereichen asso­ziiert sind.“ Umge­kehrt seien die Daten der TeV-Strahlung allein üblicher­weise nicht aus­reichend, um eine Quelle einem bestimmten Typ von astro­physika­lischem Objekt zuzu­ordnen. „Diese nicht identi­fi­zierten Objekte bleiben ein großes Rätsel in der Gamma­strahlen­astro­nomie.“

Doch die hochentwickelten HESS-Teleskope liefern so detail­reiche Daten, dass die Forscher jetzt weiter­ge­kommen sind. „Zum ersten Mal sind wir in der Lage, nicht identi­fi­zierte TeV-Quellen allein durch eben diese Daten einer bestimmten Objekt­klasse zuzu­ordnen“, sagt Pühl­hofer. „Drei bestimmte Quellen sind mit hoher Wahr­schein­lich­keit Super­nova-Über­reste.“

Ein Supernova-Überrest ist ein Himmelsobjekt, das sich nach der Explo­sion eines masse­reichen Sterns am Ende seiner Lebens­dauer aus­bildet. Die Materie, die durch eine solche Explo­sion heraus­ge­schleudert wird, führt zu Schock­wellen, die sich in den inter­stellaren Raum aus­breiten. Dort wird die Materie auf­ge­heizt und Teil­chen auf relati­vis­tische Geschwin­dig­keiten beschleu­nigt. Die Teilchen reagieren mit Licht und Gas in der Nähe ihres Ent­stehungs­ortes und produ­zieren dadurch die hoch­energe­tische Gamma­strahlung. „Wir wissen seit über einem Jahr­zehnt, dass manche der drei­hundert bekannten Super­nova-Über­reste in unserer Galaxie stark im TeV-Licht strahlen“, erklärt der Daniel Gott­schall, eben­falls Uni Tübingen. Doch all diese Objekte waren bereits aus Beob­ach­tungen in anderen Wellen­längen bekannt und als Super­nova-Über­reste klassi­fi­ziert.
Es bleibe die Frage, so Pühlhofer, warum diese Supernova-Über­reste bisher jeder Beob­achtung ent­gangen sind: „Sie sind so groß wie der Voll­mond, aller­dings sowohl für das mensch­liche Auge als auch für optische Tele­skope völlig un­sicht­bar.“ Er hält es für möglich, dass sie bei früheren Himmels­durch­muster­ungen wegen ihrer Posi­tion in der Milch­straße und ihrer großen Aus­dehnung nicht von den vielen anderen Objekten zu unter­scheiden gewesen sind oder zumindest teil­weise durch Gase im Vorder­grund ver­deckt sind. „Eine auf­regen­dere Möglich­keit wäre, dass die Super­nova-Über­reste sich in ihrer Zusammen­setzung von den anderen großen Über­resten, die bisher mit den HESS-Tele­skopen unter­sucht wurden, substan­ziell unter­scheiden“, so der Forscher weiter. „Sie könnten zu einer spezi­ellen Sorte von Super­nova-Über­resten gehören, deren Gamma­strahlung durch Hadronen aus­ge­löst wird.“

Für ihre weiteren Forschungen in der TeV-Gammastrahlen-Astro­nomie setzen die Wissen­schaftler auf die noch empfind­licheren Geräte der nächsten Genera­tion, etwa das Cherenkov Tele­scope Array, das zurzeit ent­wickelt wird. Es soll im nächsten Jahr­zehnt in Betrieb gehen und von der Erde aus ein noch genaueres Bild von der Gamma­strahlung in der Milch­straße liefern.

EKU / RK

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