20.06.2014

Gasströmung verdunkelt supermassereiches Schwarzes Loch

Astronomen beobachten Abkühlung – schneller Wind aus der Akkretionsscheibe blockt Röntgenstrahlung.

Als Jelle Kaastra vom Niederländischen Institut für Weltraumforschung SRON in Utrecht und seine Kollegen im Juni 2013 mit dem Hubble Space Telescope die Seyfert-Galaxie NGC 5548 beobachteten, fiel ihnen sogleich etwas Merkwürdiges auf: Das Gas in der Umgebung des aktiven Galaxienkerns war seit einer zwei Jahre zurückliegenden Messung deutlich abgekühlt. Irgendetwas schien die vom zentralen Schwarzen Loch kommende aufheizende Strahlung abzuschirmen. Beobachtungen mit dem Röntgenteleskop XMM-Newton bestätigten dies: Die Röntgenstrahlung des aktiven Galaxienkerns war um den Faktor 25 niedriger als bei vergleichbaren Messungen des Chandra X-ray Observatory aus dem Jahr 2002.

Abb.: Optische Aufnahme der Galaxie NGC 5548, aufgenommen mit dem 1,3 Meter-Teleskop des MDM Observatoriums auf dem Kitt Peak in Arizona. (Bild: M. Bentz)

Supermassereiche Schwarze Löcher in aktiven Galaxienkernen sind dafür bekannt, dass sie nicht nur Materie akkretieren, sondern dass aus Ihrer Umgebung auch Materie nach außen strömt. Neben den von Magnetfeldern angetrieben Jets spielt dabei ein Wind aus ionisiertem Gas eine wichtige Rolle. Die Strahlung des Schwarzen Lochs bzw. seiner Akkretionsscheibe treibt diesen Wind an und reguliert so die Wechselwirkung des Schwarzen Lochs mit seiner Umgebung. Seit zwei Jahrzehnten ist ein solcher Wind auch bei NGC 5548 bekannt, seine Geschwindigkeit beträgt etwa 1000 Kilometer pro Sekunde. Und eben dieser Wind hat sich abgekühlt.

Kaastra und seine Kollegen haben den Kern von NGC 5548 auf der Suche nach einer Erklärung für das Phänomen mit weiteren Weltraum-Observatorien ins Visier genommen: Zum Einsatz kamen nun auch die Swift Gamma-ray Burst Mission, das Nuclear Spectroscopic Telescope Array (NuSTAR), und Integral, das International Gamma-Ray Astrophysics Laboratory.

Abb.: Illustration der Gasströmungen in der Umgebung des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum von NGC 5548. Eine schnellere Strömung kreuzt die Sichtlinie zur Erde und schattet dadurch einen Teil des langsameren Windes gegen die aufheizende Strahlung ab. (Bild: R. Person)

Die Messungen dieser Instrumente zeigten eine niemals zuvor bei einer aktiven Galaxie beobachtete langfristig andauernde Gasströmung mit starken Dichteschwankungen, die zufällig gerade die Sichtlinie vom Galaxienkern zur Erde kreuzt. Die Forscher interpretieren die Strömung als eine schnelle, von der Akkretionsscheibe ausgehende Wind-Komponente, ihre Geschwindigkeit liegt bei etwa 5000 Kilometern pro Sekunde.

Die neue Gasströmung blockiert neunzig Prozent der niederenergetischen Röntgenstrahlung und verdeckt ein Drittel der Region, die ultraviolette Strahlung aussendet. Diese Abschirmung führe dazu, so die Forscher, dass der ständig wehende, langsamere Wind weniger Strahlung empfängt und sich abkühlt. Der schnelle Wind sei zwar nicht kräftig genug, um die Entwicklung der Galaxie NGC 5548 signifikant zu beeinflussen. Die Beobachtungen liefere jedoch einen einzigartigen Einblick in einen Prozess, der bei Galaxien mit stärkerer Aktivität entscheidend in die Galaxienevolution eingreift.

Rainer Kayser

DE

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