01.07.2020

Gedruckte Heizungen

Effiziente Keramik-Silber-Heizungen für die Luft- und Raumfahrt.

Satelliten und Raumschiffe zu bauen, ist alles andere als billig. Das liegt auch daran, dass kosmische Technik weit ausfall­sicherer konstruiert sein muss als auf Erden. Im All können selbst minimale Probleme wie eine vereiste Batterie drama­tische Folgen haben. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden hat daher nun für Airbus besondere zuverlässige dünne Keramik-Silber-Heizungen entwickelt. Diese lassen sich auf Rohre und andere kompli­ziert geformte Bauteile nahtlos und automatisiert aufdrucken.

Abb.: Nach dem Isolieren in einer thermischen Spritz­anlage mit einer dünnen...
Abb.: Nach dem Isolieren in einer thermischen Spritz­anlage mit einer dünnen Keramik­schicht werden die Heiz­elemente mit einer Dispersions­druck­maschine aufgebracht. (Bild: Fh.-IWS)

„Wir arbeiten mit unseren Forschungs­partnern konti­nuierlich daran, für unsere Kunden noch leistungs­fähigere Lösungen zu finden sowie die Zuver­lässigkeit unserer Systeme weiter zu erhöhen“, sagt André Holz, Teamleiter Thermal Engineering bei Airbus Defence and Space in Bremen. „Fraunhofer-Techno­logien wie die gedruckten Heizungen, für deren Weiter­entwicklung wir aktiv und mit Gewinn für beide Seiten kooperieren, sind dabei eine wertvolle Unterstützung.“ Denn bisher mussten Techniker in solchen Fällen Heizfolien aus Polymeren von Hand aufkleben. „Das ist nicht nur aufwändig, sondern auch fehler­anfällig“, erklärt Lukas Stepien, Gruppen­leiter Drucken, der die additiv gefertigten Heizungen am Fraunhofer IWS mitentwickelt hat. „Im Klebe­prozess können unerkannt kleine Gasbläschen einge­schlossen werden. Die Bläschen dehnen sich im Vakuum des Weltraums aus. Das senkt letztlich die Heizleistung.“

Ein neues Konzept löst nun diese Probleme. Im konkreten Fall sind Titanrohre mit nur sechs Millimetern Durchmesser zu beheizen, die später Gase oder Flüssigkeiten trans­portieren sollen. Zunächst isolieren die Ingenieure diese Röhrchen in einer thermischen Spritz­anlage mit einer dünnen Keramik­schicht. Dann bringen sie mit einer Dispersions­druckmaschine die Heizelemente auf, die äußerlich den Windungen eines Flusses ähneln. Durchfließt später ein Strom das metallische Mäander, setzt es Wärme frei. Um dieses heizende Muster zu erzeugen, füllen die Spezia­listen eine Kartusche mit einer besonderen Paste, die kleine Silberteilchen enthält. Einsetzbar sind aber auch Pasten mit Partikeln aus Kupfer, Nickel oder anderen leitfähigen Metallen. Druckluft presst das zäh­flüssige Material dann durch die Kartusche hin zu einer feinen Kanüle. Diese Hohlnadel druckt schließlich das etwa zehn Mikrometer dünne Heizmuster auf die keramik­isolierten Rohre, die sich dabei auf einer Welle drehen.

„Dabei muss der Druckkopf die ganze Zeit über einen konstanten Abstand zur Keramik­schicht halten – und das nicht auf einer zwei­dimensionalen Fläche, sondern eben auf einem gekrümmten Rohr“, sagt Lukas Stepien. Dies ist eine ganz besondere Heraus­forderung, die durch ein raffiniertes Zusammenspiel aus Wellen- und Kanülen­steuerung gelöst wurde. Solch eine Lösung beinhaltet gleich mehrere Vorteile gegenüber her­kömmlichen Heizfolien zum Aufkleben: Einerseits fällt viel fehler­trächtige Handarbeit weg. Stattdessen lassen sich die Heizungen auto­matisiert drucken und so auch kompliziert geformte Objekte passgenau beschichten – ohne Luftblasen oder Falten, wie sie bei Folien immer wieder entstehen. Weiter rechnen die Dresdner Ingenieure damit, dass ihre gedruckten Heizungen preiswerter und flexibler herzustellen sind. Sie sollen, besonders bei hohen Betriebs­temperaturen, länger halten, zuverlässiger funktionieren und mehr Langzeit-Heiz­leistung erreichen als herkömmliche Lösungen.

Erreichbar sind höhere Leistungs­dichten, Material- und Zeitersparnisse. Zudem können die Hersteller vorab testen, wie gut die gedruckten Heizungen im Praxiseinsatz funktionieren werden. „Jenseits der 300 Grad scheiden Folien­heizungen ohnehin aus“, sagt Lukas Stepien. „Solche Betriebs­temperaturen halten Kunststoffe dauerhaft nicht aus.“ Bisher sind die gedruckten Heizelemente für bis zu 200 Grad ausgelegt. Durch neue Pasten­kompositionen und andere Weiterentwicklungen wollen die Dresdner Forscher diese Grenze künftig auf etwa 800 Grad anheben. Eine weitere Verbesserung steht zusätzlich auf der Forschungs­agenda des Instituts: Damit die gedruckten Heizungen Wärme liefern, benötigen sie einen Strom­anschluss. Was bislang in Form von Löt­verbindungen gelöst wird, soll im nächsten Schritt über effektivere Kontaktierungs­methoden funk­tionieren.

Neben der Raumfahrt winken auch ganz irdische Anwendungs­möglichkeiten: Vorstellbar sind beispielsweise filigrane Heizungen, die störendes Kondens­wasser von Spiegel­reflexkameras oder von den Kamera­linsen autonom fahrender Fahrzeuge fernhalten. Auch für die Chemie-, Halbleiter- oder Lebensmittel­industrie, deren Rezepte oft nur bei präzise einge­pegelten Temperaturen funktionieren, sind Rohrsysteme mit passgenau aufgedruckten Heizungen interessant.

Fh.-IWS / JOL

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