30.11.2016

Gefrorenes Wasser in Nanoröhrchen

Enger Einschluss in Nanostrukturen zeigt extreme Temperaturen für Phasenwechsel.

Nicht nur Druck­veränderungen beein­flussen entsprechend des Phasen­diagramms die Temperaturen für Phasen­wechsel von Wasser. Auch ein Einschluss in extrem kleine Räume kann die Übergänge vom flüssigen in den festen Zustand deutlich verschieben. Nachdem dieser Effekt theoretisch vorher­gesagt wurde, konnte er nun vom einem ameri­kanischen Forscher­team eindrucks­voll im Experiment gezeigt werden. Die Ergebnisse könnten für die Entwicklung nano­skaliger Ventile oder Membranen oder auch von neuartigen Wärme­speichern von großer Bedeutung sein.

Abb.: Modell von mehr oder weniger gefüllten Nanoröhrchen, in denen Wasser auch noch bei über 100 Grad Celsius Eiskristalle bilden kann. (Bild: K.V. Agrawal et al., MIT)

„Zum ersten Mal gelang es uns, die Phasen­übergänge von Wasser in einzelnen Nano­röhrchen aus Kohlenstoff zu untersuchen“, sagt Kumar Varoon Agrawal vom Massa­chusetts Institute of Technology in Cambridge. Zusammen mit seinen Kollegen ließ er zuerst aus einer Methan­atmosphäre Nano­röhrchen mit Durch­messern zwischen einem und 1,5 Nanometer wachsen. Diese Röhrchen depo­nierten die Forscher auf einer Unterlage aus Silizium. Eingesetzt in ein Wasserbad konnten sich die einzelnen Röhrchen mit Wasser­molekülen füllen. Über einen aufge­heizten Metallblock ließ sich die Temperatur der mit Wasser gefüllten Nano­röhrchen kontrol­lieren.

Theore­tische Modelle legten bereits zuvor nahe, dass in Nano­röhrchen gefülltes Wasser schon bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt gefrieren könnte. Doch die aktuellen Mess­ergebnisse führten über­raschend zu noch höheren Werten. So zeigten Raman-Spektren charak­teristische Verschiebungen, über die sich auf die Bildung von Eis­kristallen schließen ließ. So existierten in einwandigen Röhrchen mit nur 1,05 Nanometer Durch­messer Eis­kristalle noch bei 138 Grad Celsius. Bei etwas dickeren Röhrchen mit etwa 1,5 Nanometer Durch­messer entstand ebenfalls Wassereis, allerdings bei etwas niedrigeren Tempe­raturen zwischen 14 und 49 Grad. Zusätzlich zu den veränderten Tempe­raturen für die Phasen­wechsel reduzierte sich auch die thermische Leit­fähigkeit der Nano­röhrchen entlang der Längsachse drastisch.

Diese Experimente zeigten, dass das Gefrieren von Wasser stark vom Durchmesser der gefüllten Nano­röhrchen abhing. Aus den Messungen können die Forscher nun auf ein bisher noch wenig erforschtes, thermo­dynamisches Verhalten von auf engstem Raum einge­schlossenen Wasser­molekülen schließen. Verantwortlich für die hohen Gefrier­punkte sind nach Aussage der Wissen­schaftler Einschluss-Effekte, die einen Einfluss auf den Wärme­haushalt der Wasser­moleküle und damit auf deren Anordnung in mitunter geordneten Kristallen haben. Genauere Analysen dieses Verhaltens könnten bei der Entwicklung von Membranen mit nano­skaligen Poren und für winzige Ventile eine wichtige Rolle spielen. Zudem sehen Agrawal und Kollegen in ihrem System einen Kandidaten als Wärme­speicher.

Jan Oliver Löfken

JOL

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