10.04.2017

Gekoppelte Diamant-Defekte

Fehlstellen in Kristallen eignen sich als langlebiges Quantensystem.

Diamanten mit winzigen Fehlern könnten für die Zukunft der Quanten­technologie eine große Rolle spielen. An der TU Wien werden schon seit längerer Zeit die Quanten­eigen­schaften solcher Diamanten untersucht. Nun gelang es erstmals, die speziellen Defekte in zwei solchen Diamanten mit­einander zu koppeln. Das ist eine wichtige Voraus­setzung für die Entwicklung neuer Anwendungen von hoch­sensiblen Sensoren bis hin zu Schaltungen für Quanten­computer.

Abb.: Zwei schwarze Diamanten auf einem supraleitenden Chip. Die geschwungene Linie ist ein Resonator, der die beiden Diamanten koppelt. (Bild: TU Wien)

„Quanten­zustände sind leider sehr fragil und zerfallen sehr schnell“, erklärt Johannes Majer, Leiter der Hybrid Quantum-Forschungs­gruppe am Atom­institut der TU Wien. Daher wird intensiv daran geforscht, Quanten­systeme zu finden, die sich für techno­logische Anwendungen nutzen lassen. Zwar gibt es einige viel­versprechende Kandidaten mit speziellen Vorteilen, aber bis heute hat man kein System, das alle Anforderungen gleich­zeitig erfüllt. „Ein möglicher Kandidat für die Realisierung eines Quanten­computers sind ganz spezielle Defekte in Diamanten“, sagt Johannes Majer. Ein reiner Diamant besteht ausschließlich aus Kohlen­stoffatomen. Er kann allerdings passieren, dass an manchen Stellen im Diamant statt­dessen ein Stickstoff­atom sitzt und an einer benach­barten Stelle im atomaren Gitter der Diamant­struktur überhaupt kein Atom vorhanden ist. Dieser Defekt aus Stickstoffatom und Loch bildet ein Quanten­system, dessen Zustände sehr langlebig sind, daher eignen sich Diamanten mit solchen Fehlern sehr gut für Quanten­experimente.

Eine wichtige Voraus­setzung für viele quanten­technolo­gische Anwendungen ist es allerdings, solche Quanten­systeme miteinander koppeln zu können. Und das war bei den Diamant-Systemen bisher kaum möglich. „Die Wechselwirkung zwischen zwei solchen Stick­stoff-Loch-Defekten ist extrem schwach und hat nur eine Reichweite von etwa zehn Nanometern“, sagt Majer. Nun gelang dieses Kunststück allerdings mit Hilfe eines supra­leitenden Quanten­chips, in dem Mikrowellen­strahlung erzeugt wird. Schon in den vergan­genen Jahren untersuchte das Team der TU Wien, wie man die Diamanten mit Hilfe von Mikro­wellen mani­pulieren kann: „Billionen von Stickstoff-Loch-Defekten im Diamanten werden kollektiv an ein Mikrowellen­feld gekoppelt“, sagt Johannes Majer. „Damit kann man den Quanten­zustand der Diamanten mani­pulieren und auslesen.“

Nun ist der entschei­dende nächste Schritt geglückt: Dem Team ist es gelungen, zwei verschiedene Diamanten so an beiden Enden eines Chips anzukoppeln, dass eine Wechsel­wirkung zwischen den beiden Diamanten entsteht. „Diese Wechsel­wirkung wird vom Mikro­wellen-Resonator im Chip dazwischen vermittelt, der Resonator hat damit eine ähnliche Funktion wie ein Datenbus in einem herkömm­lichen Computer“, sagt Johannes Majer.

Die Kopplung zwischen den beiden Diamanten lässt sich gezielt ein- und aus­schalten: „Die beiden Diamanten sind um einen bestimm­ten Winkel gegen­einander verdreht“, berichtet Thomas Astner. „Außen legt man ein Magnetfeld an. Seine Richtung ist entscheidend: Wenn das Magnet­feld mit beiden Diamanten denselben Winkel einschließt, kann man sie quanten­physikalisch koppeln. Bei anderen Magnetfeld­richtungen kann man die einzelnen Diamanten ohne Kopplung untersuchen.“ Die ersten Schritte des Experi­mentes wurden von Noomi Peter­schofsky im Rahmen ihrer Bachelor­arbeit unternommen. Danach gelang es Thomas Astner und Stefan Nevlacsil während ihrer Master­arbeit, die Kopplung der Diamanten experi­mentell nachzu­weisen.

TU Wien / JOL

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