13.09.2022

Gekoppelte Exzitonen

Intralagen-Paare mit Interlagen-Paaren in Molybdändisulfid miteinander gekoppelt.

Physikern der Universität Basel ist es erstmals gelungen, unterschiedliche Arten von Elektron-Loch-Paaren (Exzitonen) in dem Van-der-Waals-Material Molybdändisulfid zu koppeln. Die Forscher können dadurch die unterschiedlichen Eigenschaften der zwei Arten von Elektron-Loch-Paaren nutzen und regeln. Diese erfolgreiche Kopplung könnte dazu dienen, eine neuartige Quelle für einzelne Photonen herzustellen. Zudem ist die Untersuchung und Modellierung der Exziton-Exziton-Kopplung für das Verständnis der fundamentalen Halbleiterphysik relevant.

 

Abb.: Durch die Kopplung der beiden verschiedenen Elektron-Loch-Paare...
Abb.: Durch die Kopplung der beiden verschiedenen Elektron-Loch-Paare verschmelzen deren unterschiedliche Eigenschaften. (Bild: L. Sponfeldner, SNI, U. Basel)

Zweidimensionale Van-der-Waals-Materialien stehen seit einiger Zeit im Fokus zahlreicher Forschungs­gruppen. Mit einer Dicke von nur wenigen Atomlagen werden diese Strukturen im Labor durch Stapelung unterschiedlicher atomarer Materiallagen hergestellt – in einem Prozess, der „atomares Lego“ genannt wird. Durch Wechselwirkungen zwischen den Schichten kann die gestapelte Heterostruktur Eigenschaften aufweisen, welche die Einzelbestandteile nicht besitzen.

Zweilagiges Molybdändisulfid gehört zu diesen Van-der-Waals-Materialien. Bei einem geeigneten Versuchsaufbau lassen sich negativ geladene Elektronen in dem Material mit Licht anregen. Die Elektronen verlassen ihren Platz in dem Valenzband, hinterlassen dort ein positiv geladenes Loch und gelangen selbst in das Leitungsband. Aufgrund der unterschiedlichen Ladung von Elektron und Loch ziehen sich die beiden an und bilden ein Exziton, das sich frei in dem Material bewegen kann.

In zweilagigem Molybdändisulfid bilden sich nach der Anregung mit Licht zwei verschiedene Arten von Exzitonen – zum einen Intralagen-Paare, bei denen Elektron und Loch in derselben Materiallage lokalisiert sind, zum anderen Interlagen-Paare, deren Loch und Elektron sich in verschiedenen Materiallagen befinden und damit räumlich getrennt sind. Diese beiden Arten von Exzitonen haben unterschiedliche Eigenschaften. Die Intralagen-Paare haben starke Wechsel­wirkungen mit Licht – leuchten also sehr hell. Die Interlagen-Exzitonen sind im Vergleich viel trüber, lassen sich aber energetisch verschieben, was zur Regulierbarkeit der absorbierten Wellenlänge führt. Im Gegensatz zu Intralagen-Exzitonen weisen Interlagen-Exzitonen auch eine sehr starke, nichtlineare Interaktion untereinander auf. Diese Interaktion ist essentiell für viele Anwendungen.

Die Forscher aus der Gruppe von Richard Warburton vom Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute (SNI) der Universität Basel haben nun diese beiden Arten von Exzitonen experimentell gekoppelt, indem sie die beiden energetisch nahe aneinander brachten. Diese Annäherung wird erst durch die Regulierbarkeit der Interlagen-Exzitonen ermöglicht. Durch die Kopplung verschmelzen die Eigenschaften der beiden Arten von Exzitonen. Je nach Bedarf können die Forscher auf diese Weise verschmolzene Teilchen erzeugen, die sowohl sehr hell sind als auch sehr stark miteinander interagieren.

„Wir können damit die guten Eigenschaften von beiden Arten der Elektron-Loch-Paare kombinieren“, erläutert Lukas Sponfeldner, Doktorand der SNI-Doktorandenschule und Erstautor der Arbeit. „Mithilfe dieser verschmolzenen Eigenschaften wäre es möglich, eine neuartige Quelle für einzelne Photonen herzustellen, die für die Quanten­kommunikation wichtig sind“, ergänzt er.

Die Forscher konnten in der Arbeit ebenfalls zeigen, dass sich das komplexe System der Exzitonen mithilfe klassischer Modelle aus der Mechanik oder der Elektronik simulieren lässt. Exzitonen können sehr gut als schwingende Massen oder Schaltkreise beschrieben werden. „Diese einfachen und allgemeinen Analogien helfen uns, fundamentale Eigenschaften von gekoppelten Teilchen besser zu verstehen, nicht nur in Molybdändisulfid, sondern auch in vielen anderen Material­systemen und Zusammenhängen“, erklärt Richard Warburton.

U. Basel / DE

 

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