Geometrie von Energiebändern direkt gemessen
Wilson-Linien charakterisieren Bandgeometrie und -topologie in künstlichen Materialien.
Obwohl die Geometrie und Topologie elektronischer Bänder von zentraler Bedeutung für viele Gebiete der Festkörperforschung sind, stellt ihre direkte Messung eine experimentelle Herausforderung dar. Ein internationales Forscherteam präsentiert jetzt eine verblüffend einfache Methode zur direkten Messung der Geometrie elektronischer Bänder mit Hilfe ultrakalter Atome in optischen Gittern. Die Methode verbindet die direkte Kontrolle über die Impulse der Atome mit Methoden der Atominterferometrie und stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Charakterisierung geometrischer und topologischer Phänomene in künstlichen Bandstrukturen dar.
Abb.: Analog zum kräftigen Ziehen an einem Teppich beschleunigen die Forscher das gesamte Gitter. Dadurch wirkt auf die Atome eine Trägheitskraft. Je größer diese Kraft ist (2, 3), desto schneller bewegen sich die Atome im Impulsraum des Kristalls, und desto geringer wird der Einfluss der Bandenergien. Bei Anwendung der größten Kraft kann er schließlich ganz vernachlässigt werden (3). (F: Kraft, d: Abstand benachbarter Gitterplätze; Bild: MPQ).
Viele fundamentale Phänomene der Festkörperphysik, zum Beispiel die Unterschiede zwischen Metallen und Isolatoren, können allein mit Hilfe des Bändermodells der elektronischen Energiezustände verstanden werden. Zusätzlich zu den Energien spielt auch die Geometrie der Bänder eine zentrale Rolle. Viele exotische Effekte neuartiger Materialien wie Graphen beruhen direkt auf den geometrischen Eigenschaften der Energiebänder. Topologische Eigenschaften bilden darüber hinaus den Ausgangspunkt für mögliche neue Technologien wie die Spintronik oder topologische Quantencomputer. Gleichzeitig sind sie in typischen Festkörpern jedoch experimentell nur indirekt nachweisbar.
Den Forschern von der Uni München und dem MPI für Quantenoptik in Garching ist es jetzt gelungen, die Geometrie elektronischer Bänder direkt zu messen. Dazu benutzten sie ultrakalte Atome in optischen Gittern. Das sind perfekte künstliche Kristalle, die durch die Überlagerung mehrerer Lichtwellen erzeugt werden. Die Dynamik dieses Systems wird durch Wilson-
Abb.: Die Forscher überlagerten drei Laserstrahlen unter einem Winkel von 120 Grad, um ein Graphen-
Die Forscher kühlten die Atome zunächst in den Zustand eines Bose-
Unter diesen Bedingungen ist der Ort der Atome nicht festgelegt, sie sind vielmehr über alle Gitterplätze delokalisiert. Dagegen ist der Impuls der entarteten Atome sehr genau bestimmt. Die Wissenschaftler beschleunigten die Atome schnell auf einen höheren Impuls und untersuchten die dabei erzeugten Anregungen in ein höheres Band. Wenn die Beschleunigung schnell genug abläuft, so dass das System über die Wilson-
Die Forscher zeigten damit nicht nur, dass es möglich ist, ultrakalte Atome auf eine Art zu bewegen, die durch Zwei-
MPQ / RK