09.07.2021

Gequetschte Quanten

Neue Wege, um Quanteneigenschaften von Nanoteilchen zu nutzen.

Vor kurzem ist es Wissen­schaftlern um Markus Aspelmeyer an der Universität Wien und Lukas Novotny an der ETH Zürich erstmals gelungen, die Bewegung gläserner Nanoteilchen im Labor in den quanten­mechanischen Grundzustand zu versetzen. Dazu wird den Teilchen mithilfe von Lasern ihre kinetische Energie entzogen. Übrig bleiben Quanten­fluktuationen, die nicht mehr den Gesetzen der klassischen Physik, sondern jenen der Quantenphysik folgen.

Abb.: Die Wellen­funktion eines Teilchens wird in rascher Abfolge...
Abb.: Die Wellen­funktion eines Teilchens wird in rascher Abfolge auseinander­gezogen und wieder kompri­miert. (Bild: M. Montagut)

Die Glaskügelchen mit denen dies erstmals gelungen ist, sind deutlich kleiner als ein Sandkorn, bestehen aber immer noch aus einigen hundert Millionen Atomen. Im Gegensatz zur mikro­skopischen Welt der Photonen und Atome eröffnen Nanoteilchen einen Einblick in die Quantennatur von makro­skopischen Objekten. In Kooperation mit dem Experimental­physiker Aspelmeyer macht nun ein Team von theoretischen Physikern um Oriol Romero-Isart von der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanten­information der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften einen Vorschlag, wie die Quanten­eigenschaften von Nanoteilchen für verschiedene Anwendungs­möglichkeiten nutzbar gemacht werden können.

„Während Atome im Grundzustand zwischen den Gitter­plätzen eines Festkörpers hin- und herspringen können, ist die Bewegung von makro­skopischen Objekten im Grundzustand nur noch sehr, sehr gering“, erklären Talitha Weiss und Marc Roda-Llordes aus dem Innsbrucker Team. „Die Quanten­fluktuationen von Nanoteilchen sind kleiner als der Durchmesser eines Atoms.“ Um die Quantennatur von Nanoteilchen nutzen zu können, muss die Wellenfunktion der Teilchen stark ausgedehnt werden. In dem Vorschlag der Innsbrucker Quanten­physiker werden die Nanoteilchen in optischen Feldern gefangen und in den Grundzustand gekühlt. Durch ein rhythmisches Verändern dieser Felder, gelingt es nun die Teilchen kurzzeitig über exponentiell größere Distanzen zu deloka­lisieren. „Schon kleinste Störungen können die Kohärenz der Teilchen zerstören, weshalb wir durch Ändern der optischen Potentiale, die Wellen­funktion der Teilchen nur kurz auseinander­ziehen und dann gleich wieder komprimieren“, erläutert Oriol Romero-Isart. Durch die wiederholte Potential­änderung lässt sich so die Quanten­eigenschaften des Nanoteilchens nutzbar machen. 

Mit der neuen Technik können die makro­skopischen Quanten­eigenschaften näher untersucht werden. Es zeigt sich auch, dass dieser Zustand sehr sensitiv auf statische Kräfte reagiert. So könnte die Methode hoch­sensitiven Messgeräte ermöglichen, mit denen Kräfte wie die Gravitation sehr präzise bestimmt werden können. Verwendet man zwei Teilchen, die gleichzeitig mit dieser Methode expandiert und komprimiert werden, würde es möglich diese auch über eine schwache Wechsel­wirkung zu verschränken und ganz neue Gebiete der makroskopischen Quantenwelt zu erkunden.

Gemeinsam mit anderen Vorschlägen bildet das neue Konzept die Grundlage für das im Vorjahr bewilligte ERC Synergy Grant Projekt Q-Xtreme, in dem die Forschungs­gruppen von Markus Aspelmeyer und Oriol Romero-Isart gemeinsam mit Lukas Novotny und Romain Quidant von der ETH Zürich eines der grund­legendsten Prinzipien der Quantenphysik bis an die äußerste Grenze treiben, indem sie einen Festkörper aus Milliarden von Atomen an zwei Orten gleichzeitig posi­tionieren wollen.

IQOQI / JOL

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