04.04.2011

Geradlinige Wellen

In Computersimulationen lassen sich Wellen so maßschneidern, dass sie sich entlang einer gewünschten Bahn fortbewegen.

In Computersimulationen lassen sich Wellen so maßschneidern, dass sie sich entlang einer gewünschten Bahn fortbewegen.

Zwei Personen stehen in gegenüberliegenden Ecken eines Raums. Die eine ruft der anderen etwas zu, wovon eine dritte Person in einer anderen Ecke nichts mitbekommt – Diese Vorstellung scheint nicht vereinbar mit den Ausbreitungseigenschaften von Schallwellen. Doch Physiker der TU Wien haben nun eine Wellensteuerungs-Methode entwickelt, mit der man Wellen dazu bringen kann, sich auf präzisen Bahnen zu bewegen. Die Wissenschaftler zeigen, wie sich solche “gerichteten“ Wellen mathematisch konstruieren lassen, indem ihnen Informationen darüber, wie sie in einer speziellen Umgebung gestreut werden, mit auf den Weg gegeben werden. Dadurch können die Signale zudem mit größerer Effizienz übertragen werden.

Abb.: In einer Computersimulation von Wellen in einer Box ist die Wellenausbreitung im Allgemeinen chaotisch (links). Mit einer neuen Methode kann eine Welle so generiert werden, dass Sie von A nach B propagiert, ohne dass an Punkt E ein Signal ankommt (rechts). (Bild: S. Rotter et al., Phys. Rev. Lett.)

Das Verhalten einer propagierenden Welle in einem Medium wird durch die sogenannte Streumatrix beschrieben. Mit ihr lassen sich Transmission und Reflexion einer Welle mit beliebiger Ausgangsform in dem Medium detailliert berechnen. In den letzten Jahren hat es bedeutende Fortschritte gegeben, die Streumatrix eines Mediums zu messen. Das Forscherteam um Stefan Rotter hat sich nun die Frage vorgenommen, wie in einem streuenden Medium eine Welle konstruiert werden muss, damit sie sich wie ein kollimierter Strahl ausbreitet. Dazu braucht die Welle die genau richtige Kombination aus Amplituden und Phasen, so dass die Streuung an einer Oberfläche durch die Streuung an anderen Oberflächen ausgelöscht wird. Eine solche Welle unter allen Kombinationsmöglichkeiten zu ermitteln ist im Allgemeinen nahezu unmöglich.

Den Wissenschaftlern gelang es mit Hilfe der Streumatrix, eine mathematische Methode zu entwickeln, mit der sich die passenden Wellen bestimmen lassen. In Computersimulationen generierten sie verschiedene Bedingungen, wie eine rechtwinklige Box, eine Box mit einer gekrümmten Wand sowie Beispiele von Boxen, die mit zufällig angeordneten Streuzentren befüllt sind. Die Wellenform wird den speziellen Bedingungen entsprechend berechnet, so dass die von einem Sender losgeschickte Welle sich gerichtet durch die Box bewegt.

Die Ergebnisse sollen alsbald im Experiment umgesetzt werden. Im Experiment müsste die Streumatrix zuerst gemessen werden – etwa durch Referenzsignale, die vor dem eigentlichen Signal vom Sender zum Empfänger geschickt werden. Kontakte zu Wissenschaftlern, die auf die Messung der Streumatrix in akustischen-, optischen- und Mikrowellensystemen spezialisiert sind, gibt es bereits, so Stefan Rotter. Mit dem von den Wiener Forschern entwickelten Verfahren lässt sich dann berechnen, wie die Welle des eigentlichen Signals anzupassen ist. So will man sich den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten der Wellensteuerungs-Methode nähern. Neben der energiesparenden und abhörsicheren Übertragung von Daten kann das Verfahren auch dazu dienen, Wellen an einer bestimmten Stelle zu konzentrieren, was beispielsweise in der Strahlentherapie nützlich sein kann. Dort soll die Energie der Wellen genau im Tumor freigesetzt werden und das Gewebe rundherum unbeschädigt lassen.

MH

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