Gespenstische Abbildung mit Elektronen
Ghost Imaging ließ sich erstmals auch mit einem Elektronenstrahl durchführen.
Das Ghost Imaging ist eine neue und ungewöhnliche Abbildungsmethode. Sie macht es möglich, mit Hilfe der Koinzidenz von Photonen ein Objekt darzustellen. Das Interessante dabei ist, dass man zwei Detektoren benutzt und die Korrelationen der Signale dieser beiden Detektoren zur Rekonstruktion des Bildes nutzt, wobei einer der Detektoren nur ein einziges Pixel benötigt und der andere Multipixel-Detektor das Objekt gar nicht „sehen“ muss. Dadurch lassen sich etwa Umrisse von Objekten darstellen, wobei man nur geringe Beleuchtungsintensitäten benötigt. Das Ghost Imaging ist zwar technologisch anspruchsvoll, besitzt aber noch eine Reihe anderer Vorzüge. So ermöglichen es verschiedene Techniken des Ghost Imaging, etwa auch bei störenden Streueffekten ein Objekt scharf abzubilden oder eine hohe zeitliche Auflösung bei zugleich sehr genauer Messung zu erreichen. Dabei gibt es sowohl Quantenverfahren, die mit verschränkten Photonen arbeiten, als auch klassisch-optische, die auf korrelierten kohärenten Lichtstrahlen beruhen.
Abb.: Aufbau des Experiment, bei dem ein von links oben kommender ultrakurzer Laserpuls (violett) auf einen digitalen Mikrospiegel trifft und dann auf eine Kathode abgebildet wird, deren Elektronenstrahl das Objekt beleuchtet. (Bild: G. Stewart, SLAC)
Die Tatsache, dass Ghost Imaging kurze Beleuchtungsdauern und niedrige Beleuchtungsstärken zulässt, macht es neben Anwendungen im optischen Bereich auch für Untersuchungen bei anderen Wellenlängen interessant. Sowohl die Elektronenmikroskopie als auch Röntgentechniken haben schließlich häufig mit dem Problem zu kämpfen, dass die benötigten Beleuchtungsintensitäten negative Effekte auf die Probe zeigen. Insbesondere bei biologischen Proben beziehungsweise Biomolekülen ist schnell der Punkt erreicht, an dem die Strahlendosis zu hoch wird und die Probe geschädigt wird. Bei Röntgenstrahlen und sogar bei Atomstrahlen war es bereits gelungen, Ghost Imaging zu realisieren. Ein Team von Wissenschaftlern des SLAC National Accelerator Laboratory im kalifornischen Menlo Park hat es nun in Zusammenarbeit mit den Universitäten Los Angeles und Stanford geschafft, eine neue Abbildungsmethode zu entwickeln, bei der erstmalig Elektronenstrahlen für das Ghost Imaging zum Einsatz kommen.
Der Trick bei der neuen Methode liegt darin, dass die Forscher strukturierte Beleuchtung bei der Erzeugung des hochrelativistischen Elektronenstrahls einsetzen. „Wir kontrollieren die Form des Elektronenstrahls, indem wir die Form des Laserpuls gestalten, der die Elektronen erzeugt“, sagt Daniel Ratner vom SLAC National Accelerator Laboratory. Hierzu schickten die Forscher zunächst ultrakurze Laserpulse von knapp unter einer Pikosekunde Pulslänge und mit einer Wellenlänge von 266 Nanometern auf einen digitalen Mikrospiegel, der diesen Laserpulsen computergesteuerte Muster aufprägen kann. Da es solche Modulatoren zwar für den optischen, nicht aber für den UV-Bereich gibt, mussten die Forscher hier auf eigene Entwicklungen zurückgreifen.
Der solchermaßen strukturierte Laserpuls traf dann über ein Beugungsgitter, das die Pulsfront wieder gerade rückte, auf die Elektronenkathode. Dabei erreichte aufgrund der Verluste im Strahlgang nur fünf Prozent der ursprünglichen UV-Strahlung die Kathode. Die abgestrahlten Elektronen mit einer Energie von 3,2 Megaelektronenvolt durchflogen einen fokussierenden Magneten, um schließlich das Target zu beleuchten und dann auf einen Ein-Pixel-Detektor zu treffen, wie er für Ghost Imaging üblich ist.
Auf einen Multi-Pixel-Detektor konnten die Wissenschaftler so verzichten. Dank der strukturierten Beleuchtung ließ sich das vom Elektronenstrahl durchleuchtete Objekt im Computer rekonstruieren. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler das Problem umgehen, das bislang Ghost Imaging mit Elektronenstrahlen betraf: Im Gegensatz zu Licht gibt es bislang kein geeignetes Verfahren, mit dem sich Elektronenstrahlen bei passenden Energien in kohärente Teilstrahlen aufzweigen lassen.
Dabei probierten die Forscher unterschiedliche Beleuchtungsmuster aus. Einmal versuchten sie es mit einem Elektronenraster, bei dem sich hundert verschiedene Muster aus zehn mal zehn Pixel ergaben. Das andere Mal setzten die Wissenschaftler eine Multipixel-Maske mit zufälligen Mustern ein, die aus einem Gitter von zwanzig mal zwanzig Pixeln bestand.
Bei diesen ersten Versuchen zum elektronenbasierten Ghost Imaging sind zwar die Bildschärfe und die Auflösung noch deutlich optimierbar. Mit einem komplexeren Linsensystem sollten diese Probleme aber in den Griff zu bekommen sein. Solches computergestütztes Ghost Imaging ist auch nicht auf Elektronen beschränkt. Die neue Technik lässt sich im Prinzip auf andere Typen von Teilchenquellen übertragen, die mittels Laserpulsen beschleunigt werden können. Hierzu zählen sowohl Plasmaquellen und Ionen als auch lasergetriebene Neutronen. Man könnte sogar über die Erzeugung hoher Harmonischer oder inverse Compton-Streuung hochenergetische Photonen auf diese Weise einsetzen.
Man darf jedenfalls gespannt bleiben, in welchen Bereichen die neue Technik Einzug halten wird. Der Einsatz von strukturiertem, elektronenbasiertem Ghost Imaging mit Energien im Bereich von einigen Megaelektronenvolt könnte etwa da neue Möglichkeiten eröffnen, wo es wie bei spektroskopischen Aufgaben etwa keine Pixel-Detektoren gibt oder wo die Geometrie des experimentellen Aufbaus keine herkömmliche Abbildung erlaubt.
Dirk Eidemüller
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