13.12.2018

Gestreckter Quantenmagnetismus

Magnetische Ordnung dehnt sich bei Ver­dün­nung der Atome im Gitter aus.

Bei der Untersuchung von ultrakalten, in künstlichen Licht­kristallen gefan­genen Atomen ist es einem Forscher­team um Guillaume Salomon vom MPI für Quanten­optik gelungen, einen grund­legenden Effekt ein­dimen­sio­naler Quanten­systeme direkt zu beob­achten. Bei der Detek­tion von ein­zelnen Atomen konnten sie fest­stellen, dass sich die magne­tische Ordnung aus­dehnt, wenn die Atome im Gitter ver­dünnt werden. Die neuen Erkennt­nisse sind zum Beispiel im Zusammen­hang mit Hoch­tempe­ratur-Supra­leitern rele­vant, die Strom verlust­frei leiten können.

Abb.: Die Quantengas­mikro­skopie von Hubbard-Ketten zeigt gestreckte...
Abb.: Die Quantengas­mikro­skopie von Hubbard-Ketten zeigt gestreckte Spin-Korre­la­tionen. Oben: Synthe­tische Fermi-Hubbard-Ketten werden durch das Ein­fangen einer Spin-Mischung aus Lithium-6 Atomen in optischen Gittern reali­siert (rote und blaue Kugeln bezeichnen Auf- und Ab-Spins). Mit einem Quanten­gas­mikro­skop lässt sich das Systems bis auf Einzel­teil­chen- und Einzel­spin-Auf­lösung abbilden. Auf diese Weise ist es möglich, die Aus­wir­kungen von Dotie­rung und Spin-Polari­sa­tion auf Spin-Korre­la­tionen indi­vi­duell zu unter­suchen. Unten: Die Fourier-Trans­forma­tionen der Spin-Korre­la­tionen zeigen, wie sich die Perio­di­zität der magne­tischen Korre­la­tionen hin­sicht­lich der Dichte und der Spin-Polari­sa­tion ent­sprechend der Vorher­sagen der Luttinger-Flüssig­keits­theorie ver­ändert. (Bild: G. Salomon, MPQ)

„Ein entscheidendes Problem im Zusammenhang mit der Hoch­tempe­ratur-Supra­leitung ist das Ver­ständnis über das Zusammen­spiel von Magne­tismus und Dotie­rung, aus dem exo­tische elek­tro­nische Phasen ent­stehen können. Unser Wissen hängt jedoch stark von der Dimen­sion ab. Quanten­gas­experi­mente können helfen, die Lücke zwischen einer Dimen­sion und zwei Dimen­sionen zu schließen”, erklärt Salomon. Im Rahmen der aktu­ellen Studie reali­sierten die Forscher ein gut kontrol­liertes und klar geord­netes Fermi-Hubbard-Modell, indem sie eine Wolke aus Lithium-6 Atomen bei einer Tempe­ratur von sieben Nano­kelvin in einem Licht­kristall ein­fingen.

Das Fermi-Hubbard-Modell ist eines der einfachsten Modelle für elek­tro­nische Systeme, bei denen Wechsel­wir­kungen eine wichtige Rolle spielen. Es beschreibt das Ver­halten von Quanten­teil­chen in einem optischen Gitter, die magne­tisch ent­weder auf­wärts oder abwärts aus­ge­richtet sind und nur dann abstoßend inter­agieren, wenn sie sich am gleichen Platz befinden. Wenn sich an jedem Gitter­platz durch­schnitt­lich ein Atom befindet, prognos­ti­ziert das Modell eine anti­ferro­magne­tische Ord­nung, bei der sich die Spins auf benach­barten Plätzen ent­gegen­gesetzt aus­richten.

Wenn das System verdünnt wird und sich die Anzahl der Atome im Gitter redu­ziert, dann ändert sich die Perio­di­zität dieser magne­tischen Ord­nung: Ent­gegen­gesetzte Spins befinden sich in Folge nicht auf benach­barten Plätzen, sondern im Durch­schnitt weiter von­ein­ander ent­fernt. Die Spin-Korre­la­tionen werden dabei gestreckt und folgen dann nicht mehr der vom Gitter vor­ge­ge­benen Perio­di­zität. Dieser Effekt wird auch erwartet, wenn die Anzahl der Up- und Down-Spins unter­schied­lich ist. Mit der Technik der spin­auf­ge­lösten Quanten­gas­mikro­skopie ist es möglich, sowohl die Posi­tionen als auch die magne­tische Aus­rich­tung aller Atome gleich­zeitig abzu­bilden und Spin-Korre­la­tionen zu messen. Auf diese Weise konnten die Wissen­schaftler das beschrie­bene Ver­halten der Spin-Korre­la­tionen beob­achten.

„Der faszinierendste Teil dieses Forschungsprojekts bestand darin, die Aus­wir­kungen von Spin-Polari­sa­tion und Dotie­rung auf Spin-Korre­la­tionen in einer Dimen­sion zu ent­wirren, in der eine Spin-Ladungs­trennung stattfindet. Die Fähigkeit, alle Spins und Teilchenpositionen in einem stark korrelierten Quanten-Vielteilchensystem zu messen, ermöglicht es, beliebige Korre­la­tions­funk­tionen zu berechnen, die nume­rischen Studien am Computer ähneln, und funda­mentale Vor­her­sagen trotz der end­lichen Tempe­ratur unserer Systeme quanti­tativ zu testen", so Salomon.

„Am Ende der Studie konnten wir im dotierten Fermi-Hubbard-Modell grund­legende Unter­schiede zwischen einer Dimen­sion und zwei Dimen­sionen beob­achten“, ergänzt Christian Groß, der Leiter der Forschungs­gruppe am MPI für Quanten­optik. „Unsere Ergeb­nisse sind ein wich­tiger Maß­stab für weitere Studien zum dimen­sio­nalen Über­gangs­regime, über das bis jetzt sehr wenig bekannt ist.“

MPQ / RK

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