Die herausragenden mechanischen und elektronischen Eigenschaften monoatomarer Graphenschichten lassen sie sich durch gezielte Beschichtungsmethoden sogar noch variieren. So gelang es einer internationalen Forschergruppe um Maria Asensio von der Université Paris-Saclay, die Gitterkonstante von Graphen um 7,5 Prozent zu vergrößern. Dabei entstand eine metastabile Graphen-Phase mit veränderten elektronischen Eigenschaften.
Abb.: Dichtefunktionstheorie-Berechnungen von Graphen-Lagen auf einer Kupferunterlage zeigen die jeweilige Elektronendichte bei unterschiedlichen Abständen (3,1Å/3,3Å) an. (Bild: C. Chen et al. / NPG)
Zur Herstellung ihrer Graphen-Variante polierten die Wissenschaftler eine Kupferoberfläche und heizten sie für mehrere Stunden auf 1075 Grad Celsius auf. Aus einer Wasserstoff-Methan-Atmosphäre lagerte sich Kohlenstoff auf der Kupferfläche ab und es bildete sich eine einschichtige Graphenlage. Winkelaufgelöste Photoemissionsmessungen und Analysen der Elektronenbeugung – durchgeführt an der Synchrotronstrahlungsquelle Soleil – ergaben, dass diese Graphenschicht eine um etwa 7,5 Prozent größere Gitterkonstante aufwies. Beträgt diese für reines Graphen 2,43 Ångström, maßen die Forscher sie nun eine Gitterkonstante von 2,61 Ångström.
Parallel durchgeführte Dichtefunktionstheorie-Berechnungen bestätigten, dass dieses gestreckte Graphen einer metastabilen Phase des vielseitigen Kohlenstoffmaterials darstellt. Erste Analysen der elektronischen Eigenschaften ergaben, dass die Valenzelektronen stärker lokalisiert sind und damit eine Tendenz zu stärkeren chemischen Bindungen zeigen. In einem weiteren Versuch untersuchten die Forscher das Absorptionsverhalten von Rubidiumatomen. Die gestreckte Graphen-Variante konnte im Vergleich zu normalem Graphen deutlich weniger Rubidiumatome absorbieren.
Dieses Grundlagenexperiment zeigt, dass sich die elektronischen Eigenschaften von Graphen über gezielte Veränderungen der Gitterkonstante beeinflussen lassen. Asensio und ihre Kollegen halten es für möglich, dass sich solche metastabilen Variationen auch bei anderen zweidimensionalen Werkstoffen wie etwa Bornitrid-Schichten finden lassen. Mit weiteren Experimenten, begleitet von Analysen mit Rastertunnelmikroskopen, ließe sich nun das Potenzial solcher Änderungen der Gitterkonstante mit ihren Einflüssen auf die elektronischen Eigenschaften weiter ausloten.
Jan Oliver Löfken
RK