07.11.2014

Gestrickte Stromspeicher

Superkondensatoren aus mit Kohlen­stoff ver­setz­ten Garnen sorgen für Strom­ver­sor­gung in­tel­li­gen­ter Klei­dung.

Sensoren – integriert in Sportkleidung oder im Kampfanzug – überwachen die Körperfunktionen. Ebenso lassen sich Funkmodule, Displays und piezoelektrische Stromgenerator bereits in Textilien, auch Smart Clothes genannt, integrieren. Nur für das Speichern des Stroms mussten in den ersten Prototypen bisher herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus oder kleine Knopfzellen verwendet werden. Einen eleganteren Weg schlagen nun Entwickler von der Drexel University in Philadelphia vor. Ihnen gelang es, Fasern aus Leinen und Viskose zu flexiblen Superkondensatoren zu verwandeln, die sich sogar mit einer Strickmaschine verarbeiten lassen.

Abb.: Hochaufgelöste Mikroskopaufnahmen zeigen die innere Struktur der leitfähigen Garne, die sich gut zu tragbaren Textilien verarbeiten lassen. (Bild: K. Jost, Drexel U. / Wiley-VCH)

„Unser Ziel ist es, einen effizienten Energiespeicher in Kleidung zu integrieren. Das ist der Schlüssel für eine größere Verbreitung von tragbarer Elektronik“, sagt Yury Gogotsi. Zusammen mit Militär-Forschern von der United States Naval Academy in Annapolis wollten die Forscher eine flexible Komposit-Faser fertigen, die möglichst hohe Kapazitätswerte aufweist. Dazu wählten sie poröse Mikropartikel aus Aktivkohle. Diese lagerten sie mit Hilfe chemischer Lösungsmittel in die Oberfläche von Fasern aus Baumwolle, Leinen, Bambus oder Viskose ein. Abhängig von den experimentellen Randbedingungen – Dauer, Temperatur, Druck, Konzentration der verwendeten Lösungen – konnten die Aktivkohle-Partikel mehr oder weniger gut in die Fasern integriert und die einzelnen Fasern zu dickeren, strickbaren Garnen verbunden werden.

Die höchsten Kapazitäten von 37,2 Millifarad pro Zentimeter Fadenlänge für einen Faser-Kondensator erzielten Gogotsi und Kollegen mit Baumwolle. Jedoch ließen sich diese Garne nicht in einer Strickmaschine zu einem Stück Stoff verknüpfen ohne Schaden zu nehmen. Die Forscher vermuten, dass die Baumwollfasern schlicht zu kurz waren und sich dadurch die Aktivkohle-Partikel während des Strickens wieder lösten. Erfolgreicher ließen sich dagegen die festeren und längeren Leinen- und Bambusfasern verarbeiten. Allerdings rangierten bei diesen Materialien die Kapazitäten nur zwischen 6 und 12 Millifarad pro Zentimeter.

Abb.: Mit Kohlenstoff versetztes Viskose-Garn kann – verarbeitet mit einer Strickmaschine – als Superkondensator dienen. (Bild: K. Jost, Drexel U. / Wiley-VCH)

Die ersten Prototypen eines gestrickten Kondensators luden und entluden die Wissenschaftler bis zu dreitausend Mal. Dabei reduzierte sich die Kapazität um ein knappes Viertel. Dennoch zeigen diese Versuche, dass aus funktionellen Komposit-Garnen gestrickte Textilien prinzipiell als Stromspeicher geeignet sind. Die Verarbeitung mit einer handelsüblichen Strickmaschine belegte, dass sie mit weiteren Verbesserungen für eine Massenfertigung taugen. In weiteren Versuchen könnten Kapazitätswerte als auch Stabilität der stromspeichernden Garne gesteigert werden. Gelingt dieser Schritt, bieten sich für kleine Stromverbraucher wie etwa Sensoren oder Funkmodule eine elegante Alternative zu Knopfzellen oder Lithium-Ionen-Akkus.

Parallel zur Entwicklung strickbarer Stromspeicher loten zahlreiche Arbeitsgruppe das Potenzial von Stromgeneratoren, die in Kleidung integriert werden könnten, aus. Erst kürzlich gelang Huisheng Peng und Kollegen von der Fudan Universität in Shanghai die Fertigung einer verwebbaren Solarfaser, die Sonnenlicht mit einem Wirkungsgrad von knapp zwei Prozent in elektrischen Strom umwandeln konnten. Diese Solarfasern basierten vor allem auf lichtaktiven Polymeren, Titandioxid-Partikeln und mehrwandigen Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Weiter sind dagegen piezoelektrische Fasern, die über stetige Bewegungen elektrischen Strom erzeugen. Doch auch hier liegen die gewonnenen Stromstärken noch im unteren Milliwatt-Bereich.

Abb.: Der Blick in die Zukunft zeigt, wie Sensoren, Stromgeneratoren und Stromspeicher sich elegant in Kleidung integrieren lassen könnten. (Bild: K. Jost, Drexel U. / Wiley-VCH)

Multifunktionelle, elektronische Textilien mit autarker Stromversorgung liegen so noch in der Zukunft. Doch weist dieses Forschungsfeld eine große Dynamik auf, so dass Stromausbeuten von Minikraftwerken und Kapazitäten von Stromspeichern weiter gesteigert werden könnten. Mit ersten Anwendungen kann im militärischen Bereich gerechnet werden. So überrascht es nicht, dass die Entwicklung der gestrickten Stromspeicher von der US-amerikanischen Luftwaffe (U.S. Air Force Office of Scientific Research) gefördert wurde.

Jan Oliver Löfken

OD

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