03.05.2017

Geteilte Molekülstrahlen

Komplexer Y-Verteiler aus metallbeschichtetem Kunststoff im 3D-Druck gefertigt.

Was in der Optik schon mit einer einfachen Glas­scheibe erledigt werden kann, stellt in der Molekül­physik nach wie vor eine Heraus­forderung dar: die Aufspaltung eines Strahls in zwei Teil­strahlen. Die wichtigste Handhabe zur Beein­flussung neutraler, polarer Moleküle ist der Stark Effekt. Er erlaubt es, mittels inhomo­gener, elek­trischer Felder Kräfte auf die Teilchen auszuüben. So werden Strahlen etwa entlang elektro­statischer Quadrupol- oder Hexapol­felder geleitet, oder in zeit­abhängigen Feldern abgebremst und eingefangen. Sean Gordon und Andreas Oster­walder von der Eidge­nössischen Tech­nischen Hochschule Lausanne haben nun einen Strahl­teiler vorgestellt, der die Bewegung der Moleküle im Vakuum mit einem System aus Hochspannungs­elektroden beeinflusst. Um die komplexe Geometrie bei ent­sprechender Qualität zu rea­lisieren, griffen sie dafür auf eine spezielle 3D-Druck-Methode zurück.

Abb.: Die komplexe Strahlteilergeometrie besteht aus Kunststoff, überzogen mit einer dünnen Metallschicht. (Bild: S. D. S. Gordon & A. Osterwalder, APS)

Den Wissen­schaftlern zufolge passen die Dimensionen ihres Strahl­teilers zu den meisten experi­mentellen Aufbauten für Molekular­strahlen und könnten somit vielerorts für verbes­serte Messungen sorgen. Dabei geht es ihnen vor allem um die Möglich­keit, einen Referenz­strahl zu erzeugen. Das würde es erlauben, etwaige Intensitäts­schwankungen im ursprüng­lichen Strahl zu erkennen und die Messer­gebnisse im Nachhinein zu bereinigen. „Weil sie der gleiche Quelle entstammen, bleibt das Verhältnis der beiden Strahlen konstant“, erklärt Oster­walder. „Das kann nützlich sein für spektro­skopische Messungen, aber auch für Kollisions­experimente, wo ein Strahl auf einen anderen Reaktions­partner stößt.“

Leit­systeme für polare Molekül­strahlen basieren üblicher­weise auf parallelen, zylin­drischen Elektroden mit Potenzial­differenzen von mehreren Kilovolt und Abständen von nur wenigen Milli­metern. Um das Risiko von Spannungs­überschlägen gering zu halten, müssen die Ober­flächen der Elektroden hohen Ansprüchen gerecht werden. Schon der geringste Kratzer kann zum Ausgangs­punkt für einen Licht­bogen werden. Zwar ist es mit herkömm­lichen Methoden nicht weiter problema­tisch, einfache, gerade Bauteile mit der ent­sprechenden Qualität herzustellen. Für die gewundenen Elektroden eines Strahl­teilers steigt der Aufwand jedoch deutlich an. Darüber hinaus gilt für die gesamte Geometrie ein Präzisions­limit von etwa 50 Mikrometern.

An seinem Eingang besteht der Strahl­teiler aus sechs parallelen, in einem Kreis ange­ordneten Elek­troden. Sie bilden ein elek­trisches Hexapol­feld, das den ursprüng­lichen Molekül­strahl leitet. Aus diesen sechs Elektroden entstehen im Verlauf entlang der Flug­richtung zwei Kanäle aus jeweils vier Elektroden. Sie halten die Moleküle in Quadrupol­feldern fest und stellen die Ausgänge des Strahlteilers dar. „Der Übergang muss sehr sanft sein, da die Moleküle sonst nicht den richtigen Weg finden“, erklärt Gordon. „Dann könnte das Signal verloren gehen, oder, schlimmer noch, das Hinter­grund­rauschen ansteigen“. Um diese komplexe Geometrie mit der ent­sprechenden Präzision und Oberflächen­qualität herstellen zu können, entschieden sich die Forscher für eine spezielle Form des 3D-Drucks – die Stereo­lithografie.

Bei dieser Methode wird ein chemischer Ausgangs­stoff in einem Kunst­harzbad mithilfe eines Laser­strahls Schicht für Schicht ausgehärtet. Der einge­setzte Drucker erreicht eine vertikale Auflösung von 25 Mikrometern. Obwohl der Durch­messer des Laser­strahls 140 Mikro­meter beträgt, können größere Strukturen mit einer hori­zontalen Auflösung von weniger als 10 Mikro­metern gefertigt werden. In einem mehr­stufigen Verfahren erhielt der Bauteil anschließend eine Metall­beschichtung, die sowohl für die elek­trische Leit­fähigkeit als auch für die entsprechende Oberflächen­qualität sorgt. Die Beschichtung erfolgte selektiv nur an gewissen Teilen, die durch unbe­schichtete, elektrisch iso­lierende Bereiche von­einander getrennt sind. Das erlaubt es, die einzelnen Elektroden während des Betriebs auf unter­schiedlichen Poten­zialen zu halten.

Während die maschi­nelle Her­stellung eines solchen Bauteils mehrere Monate in Anspruch nehmen kann, dauert das Drucken weniger als 48 Stunden. Für die Beschichtung benötigte eine auf die Her­stellung von Anoden speziali­sierte Firma einen Tag. Wie die Forscher anmerken, war es der Transport zu und von der Firma, der den Flaschenhals des gesamten Herstellungs­prozesses darstellte. Da der verwendete Kunst­stoff nur Temperaturen bis 80 °C aushält, ist ein Ausheizen des Vakuum­systems nicht möglich. Dadurch liegt der Grunddruck bei 8×10-8 Millibar und steigt während des Betriebs auf 5×10-6 Millibar. Mittler­weile steht für den 3D-Druck jedoch ein neues Kunstharz zur Verfügung, das bis auf über 250 °C erhitzt werden kann. Vor­läufige Tests mit unbe­schichteten Teilen lieferten nach zwei­tägigem Ausheizen bei 200 °C einen Grunddruck von 6×10-10 Millibar.

Als nächsten Schritt planen die Schweizer Forscher, ihr System in der entgegen­gesetzten Richtung zu verwenden – zum Verschmelzen zweier Teil­strahlen zu einem gemischten Strahl. „Auf diese Art lassen sich extrem niedrige Relativ­geschwindig­keiten zwischen den Molekülen rea­lisieren“, so Osterwalder. „Das erlaubt es uns, chemische Reaktionen nahe dem abso­luten Nullpunkt zu untersuchen.“

Thomas Brandstetter

JOL

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