28.06.2013

Glasfasern haben den Datendreh raus

Kabel übertragen Drehimpuls-Multiplex-Wellen mit hoher Datenrate über mehr als einen Kilometer.

Die Datenmengen, die rund um den Globus unterwegs sind, haben in den letzten Jahren enorm zugenommen. Zwar sind auch die Übertragungskapazitäten auch drastisch gestiegen. Glasfaserkabel haben heute eine um rund vier Größenordnungen höhere Kapazität als noch vor dreißig Jahren. Zu verdanken ist dies vor allem einem intelligenten Multiplexing, das die verschiedenen Freiheitsgrade von Licht wie Wellenlänge, Polarisation, Amplitude und Phase ausnutzt. Doch zunehmend stoßen diese Techniken durch nichtlineare Effekte in den Glasfasern an Grenzen. Einen weiteren Freiheitsgrad, den Drehimpuls elektromagnetischer Wellen, konnten Forscher schon für die freie Datenübertragung verwenden. In Glasfasern haben diese Moden jedoch mit zufälligen Unreinheiten und unvollständiger Konversion der verschiedenen Moden zu kämpfen. Wissenschaftlern unter Leitung von Siddharth Ramachandran von der Universität Boston ist es aber nun gelungen, Daten mit Drehimpuls-multiplexte Wellen mehr als einen Kilometer weit zu übertragen.

Abb.: Spiralphasenplättchen (SPPs) verwandeln Lichtwellen in helikale Wellen. (Bild: N. Bozinovic et al.)

Der Drehimpuls ist eine fundamentale Eigenschaft des elektromagnetischen Feldes, sowohl in der klassischen wie in der Quantenphysik. Die Höhe des Drehimpulses bestimmt, wie stark die helikale Form der Wellen ausfällt. Im Prinzip kann die zugehörige Quantenzahl und damit das Multiplexing beliebig hohe Werte annehmen, doch werden bei hohen Drehimpulsen die Wellen anfälliger gegenüber Störungen, so dass für die Datenübertragung bei gegenwärtiger Technik nur einige Kanäle in Frage kommen.

Die Wissenschaftler entwarfen deshalb eine spezielle Faser, die sich Drehimpuls-Wellen gegenüber besonders gutmütig verhält. Diese „Vortex-Faser“ unterschied sich von konventionellen Wellenleitern dadurch, dass sie nicht nur die polarisierten, sondern insbesondere auch die antisymmetrischen Moden erster Ordnung unterstützte. Hierzu zählen sowohl die transversale magnetische und transversale elektrische Mode wie auch zwei helikale Moden mit einfach positivem und negativem Drehmoment. Die Vortex-Faser war zudem daraufhin optimiert, Nebensprechen auf die helikalen Moden durch parasitäre transversale Moden zu minimieren.

Abb.: Die Intensität von polarisierten (A) und helikalen (B) Wellen zeigt sich in diesen Kameraaufnahmen. In (C) und (D) ist die Überlagerung mit einer Referenzwelle zu sehen. Die Drehrichtung der Spirale gibt das Vorzeichen des Drehimpulses an. (Bild: N. Bozinovic et al.)

Die Forscher testeten ihre Vortex-Faser in mehreren unterschiedlichen Konstellationen. Zunächst schickten sie ein Signal mit einer einzelnen Wellenlänge von 1550 Nanometern durch die 1,1 Kilometer lange Leitung, bestehend aus zwei nicht-helikalen, polarisierten und zwei helikalen Wellen mit gegensätzlichem Drehimpuls. Hierbei konnten sie eine Übertragungsrate von 400 Gigabit pro Sekunde erzielen. Dann nutzten sie zusätzlich Wellenlängen-Multiplexing und arbeiteten mit zehn verschiedenen Wellenlängen zwischen 1546 und 1554 Nanometern. Multipliziert mit zwei Drehimpuls-Wellen ergab dies zwanzig Kanäle. Hiermit erreichten die Forscher eine Übertragungsrate von 1,6 Terabit pro Sekunde.

In beiden Fällen verzichteten sie auf rechenintensive Fehlerkorrekturverfahren, die die Rate weiter hätten erhöhen können. Das Verfahren ist nach Angaben der Forscher auch skalierbar. Da neuere Entwicklungen in der Faserherstellung die Übertragung von helikalen Wellen mit höheren Drehimpulsen zulassen, rücken damit Anwendungen zur Datenübertragung immer näher.

Dirk Eidemüller

OD

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