Glaube und Naturwissenschaft online
Eine internationale Tagung in Heidelberg zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaften wird live im Internet übertragen.
Was haben Mutter Teresa, der Schriftsteller Alexander Solschenizyn und der Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker gemeinsam? Sie alle haben die höchstdotierte wissenschaftliche Auszeichnung erhalten. Nein, nicht den Nobelpreis, obwohl das für Mutter Teresa und Solschenizyn zutrifft, sondern den mit rund 1,2 Millionen Euro dotierten Templeton-Preis, der seit 1973 jährlich an eine Person verliehen wird, die einen „außergewöhnlichen Beitrag zur Bejahung der spirituellen Dimension des Lebens geleistet hat, sei es durch Einsicht, Entdeckungen oder praktische Arbeit.“ Die Auszeichnung geht auf den britischen Finanzinvestor Sir John Templeton zurück, der 1987 auch eine nach ihm benannte Stiftung gegründet hat.
Aus Anlass des 25. Jubiläums der Stiftung und zum 100. Geburtstag des 2008 verstorbenen Sir John Templeton veranstaltet die Stiftung zusammen mit dem an der Universität Heidelberg angesiedelten Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie (FIIT) vom 25. bis 28. Oktober eine Konferenz zum Dialog zwischen Wissenschaft und Relgion, zu der 50 Wissenschaftler aus aller Welt eingeladen sind. Die akademischen Sitzungen, die sich dem Dialog zwischen Theologie und einzelnen Naturwissenschaften, der Mathematik und Philosophie widmen, werden live im Internet übertragen (siehe Link unten). Die Sitzungen zur Astronomie und Physik finden heute ab 14:15 Uhr bzw. 17:15 Uhr statt.
Die John Templeton Stiftung fördert nach eigenen Angaben interdisziplinäre Forschung zur „Bestimmung des Menschen und die endgültige Realität“, wobei insbesondere der Austausch zwischen Theologie und den Naturwissenschaften gefördert werden soll. Mit einem Vermögen von mindestens zwei Milliarden Dollar ist die Templeton-Stiftung die weltweit größte Einrichtung, welche Untersuchung von Religion und Spiritualität fördert, und das mit rund 70 Millionen Dollar jährlich.
Zum Start der englischsprachigen Konferenz nahmen gestern neben den Konferenzteilnehmern unter anderem der derzeitige Stiftungspräsident John M. Templeton, Jr. und der Physiker und Theologe John Polkinghorne von der Universität Cambridge an einem öffentlichen Festakt teil. Polkinghorne betonte in seinem Vortrag über die „Suche nach Wahrheit“, dass Theologie und Religion nicht miteinander im Konflikt seien, sondern komplementär. Kritiker dieser Ansicht, wie z. B. der Zoologe Richard Dawkins oder der Physiker Sean Caroll von der Universität Chicago, beides bekennende Atheisten, werfen der Templeton-Stiftung vor, die klare Grenze zwischen Wissenschaft und religiösen Aktivitäten über Gebühr zu verwischen.
Dank der im Internet verfügbaren Live-Übertragung kann man sich heute und morgen selbst einen Eindruck von den Forschungen im Umfeld der Templeton-Förderung machen. Über die Konferenz-Webseite ist es auch möglich, während der Dauer der Veranstaltung Fragen zu stellen, welche die in Heidelberg anwesenden Experten individuell beantworten werden.
Alexander Pawlak