31.08.2021

Globale Vernetzung auf der nächsten Stufe

Einbindung von Satellitennetzwerken in 6G-Netze steht im Zentrum mehrerer Forschungsprojekte.

Rasend schnell, energieeffizient, ausfallsicher – und extrem komplex: Während der Mobilfunk­standard 5G gerade umgesetzt wird, läuft bereits die Entwicklung der Nachfolge­generation 6G. Als überaus wichtige Zukunfts­technologie wird sie umfassend erforscht. Unter anderem auch von der Universität Bremen: Experten aus Nachrichten- und Elektro­technik sowie Raumfahrt­technologie spielen in den Millionen­projekten des Bundes­ministeriums für Bildung und Forschung eine wichtige Rolle.

 

Abb.: Globales Satelliten­netzwerk (Bild: Getty Images / iStockphoto)
Abb.: Globales Satelliten­netzwerk (Bild: Getty Images / iStockphoto)

6G wird die mobile Höchstleistungs­daten­technologie der Zukunft und unsere Kommunikation im kommenden Jahrzehnt noch einmal revolutionieren. „Voraussichtlich schon ab 2030 wird diese Mobilfunk­technologie das zentrale Nervensystem unseres vernetzten Lebens sein“, sagt Armin Dekorsy, Leiter der AG Nachrichten­technik im Fachbereich Physik/Elektrotechnik der Universität Bremen. „Daten werden dann mehr als 100-mal schneller übertragen als heute mit 5G, bei gleichzeitig höherer Energieeffizienz und Ausfall­sicherheit. Aber das ganze System wird auch eine unvorstellbare Komplexität haben. Damit es reibungslos funktioniert und der volle Nutzen erzielt werden kann, sind auf unzähligen Ebenen intensive Forschungen notwendig.“

250 Millionen Euro hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jetzt für insgesamt vier „Forschungs-Hubs“ zur Entwicklung von 6G bereitstellt, 67 Millionen Euro davon für das Open6GHub mit 17 Forschungspartnern. In diesem Hub ist die Universität Bremen in einem Umfang von fünf Millionen Euro dabei. Damit werden Wissenschaftler der Nachrichten- und Elektrotechnik sowie der Satelliten­systeme ihr Know-how in den Bereichen einbringen, in denen sie deutschlandweit führend sind.

„Mit den eingeworbenen Drittmitteln können in den kommenden vier Jahren zehn wissenschaftliche Mitarbeitende und zwei Postdoktorandinnen und -doktoranden forschen“, sagt Dekorsy, der die 6G-Aktivitäten in Bremen koordiniert. Neben seiner AG Nachrichtentechnik, wo die Projekte durch Dirk Wübben und Claus Bockelmann geleitet werden, sind von der Universität Bremen auch das Institut für theoretische Elektrotechnik und Mikro­elektronik (ITEM, Steffen Paul) und das Zentrum für angewandte Raumfahrtechnologie und Mikrogravitation (ZARM, Claus Lämmerzahl und Benny Rievers) beteiligt.

Die Universität Bremen ist einer der größten Forschungspartner im Open6GHub; die Gesamt­koordination erfolgt durch das Deutschen Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern. „Wir haben innerhalb von Open6GHub das Arbeitspaket ‚Beyond Cellular‘ übernommen, also die Abkehr vom bisherigen terrestrischen Mobilfunk­netz mit Funkzellen hin zu einem dreidimensionalen Mobil­funknetz. Die Verbindungen werden künftig nicht nur durch Masten am Erdboden, sondern auch durch Drohnen, Ballons, Flugzeuge und vor allem auch Satelliten hergestellt“, erläutert Dekorsy. Zum Testen der neuen 6G-Technologien wird ein Experimentier­feld an der Universität Bremen aufgebaut, für das auch ein operationeller 6G-Kleinsatellit entwickelt wird. Dieses Experimentierfeld soll langfristig für Kooperationen und Test­möglichkeiten mit Unternehmen genutzt werden.

Die Arbeitsgruppe Nachrichtentechnik gilt beim Einsatz moderner Mobilfunk­techniken als eine der führenden deutschen Forschungsgruppen und hat in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro für verschiedene Projekte eingeworben, um die umfassenden Möglichkeiten von 5G zu nutzen. Auf dieses Knowhow baut die neue Forschungs­tätigkeit im Open6GHub auf. Ergänzt wird dies durch die langjährige Expertise des ZARM im raumfahrt­technologischen und des ITEM im elektro­technischen Bereich.

Als einer der deutschlandweit führenden Arbeitsgruppen auf dem Gebiet der Quantenphysik forscht das Team von Lämmerzahl zusammen mit der AG Nachrichten­technik zum Thema Quanten­kommunikation zwischen Satelliten. All diese Kommunikations­technologien müssen trotz der dort vorhandenen Strahlungen zuverlässig im Weltraum funktionieren. Hierfür sorgt die Arbeitsgruppe von Paul durch die Erforschung von widerstands­fähigen und damit strahlungs­resistenten Hardwareplattformen für zukünftige Prozessoren.

„Unsere Beteiligung am Open6GHub ist auch wichtig für das Land Bremen“, so Armin Dekorsy. „Weil sich Bremen als ,City of Space‘ mit besonderer Expertise in der Luft- und Raumfahrt versteht, ist dies eine große Chance, sich hier mit bremischem ,Space-Knowhow‘ zu positionieren.“

„Unsere Aufgabe ist es unter anderem, neue Netzkonzepte zu entwerfen, bei denen neben erdgebundenen Einrichtungen auch Satelliten, Drohnen, Ballons und Flugzeugen genutzt werden. Und das Ganze muss dann natürlich in wenigen Jahren welt­umspannend funktionieren“, erläutert Claus Lämmerzahl. „Der Luft- und Raumfahrtaspekt spielt für 6G eine bedeutende Rolle – und hier können wir mit unserer an der Uni Bremen gebündelten Raumfahrtexpertise beitragen.“

Ein zentraler Forschungsaspekt ist auch die Einbindung speziell für Kommunikations­systeme entwickelter Verfahren von künstlicher Intelligenz zur Verbesserung der Energieeffizienz und Zuverlässigkeit. Ziel ist es, dadurch die Netze der Zukunft so leistungsstark und effizient wie möglich zu betreiben.

Wie wichtig die Beteiligung der Universität Bremen und des Landes Bremen an diesen Forschungen sind, betont Armin Dekorsy auch im Hinblick auf die Auswirkungen der 6G-Einführung in einigen Jahren. „Das sind Technologien, die unser Leben spürbar umkrempeln werden. Von daher ist das ein Thema von sehr hoher gesellschaftlicher Relevanz, und zwar weltumspannend. Da sind wir natürlich froh, dass die Universität mittendrin statt nur dabei sein wird.“

U. Bremen / DE

 

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