21.08.2008

Goldige Katalysatoren

Winzige Cluster aus 55 Goldatomen eignen sich für katalytische Prozesse, obwohl Festkörper aus Gold chemisch inert sind.



Winzige Cluster aus 55 Goldatomen eignen sich für katalytische Prozesse, obwohl Festkörper aus Gold chemisch inert sind.

Cambridge (Großbritannien) – Ganz anders als Platin eignet sich das Edelmetall Gold nicht unbedingt für Katalysatoren. Doch das ändert sich radikal mit der Größe der Goldpartikel. Britische Wissenschaftler zeigten nun, dass stabile Goldcluster aus nur 55 Atomen das organische Lösungsmittel Styrol in einer katalytischen Reaktion oxidieren können. Über ihre Ergebnisse und die Suche nach den Gründen für die Aktivität von Goldclustern berichten sie in der Zeitschrift „Nature“.


„Unsere Beobachtungen legen nahe, dass die katalytische Aktivität von der veränderten elektronischen Struktur der Goldcluster herrührt“, schreiben Mark Turner und seine Kollegen vom Department of Chemistry der University of Cambridge. Für ihre Versuche verdampften die Forscher Gold und ließen die Atome zu den winzigen Nanopartikeln kondensieren. Größenselektiv deponierten sie Gold-55-Cluster auf chemisch inaktive Flächen aus Bornitrid, Siliziumdioxid oder Kohlenstoff. Mit einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) bestimmten sie Größe und Verteilung der deponierten Cluster.


Darauf nutzten Turner und Kollegen die so präparierte Oberfläche für Katalyse-Reaktionen. Das flüssige, organische Lösungsmittel Styrol ließ sich mit dem Goldcluster-Katalysator selektiv in der Gegenwart von molekularem Sauerstoff oxidieren. Verantwortlich dafür ist die Aktivierung des Sauerstoffs an den Goldclustern durch die Aufspaltung in atomaren Sauerstoff. Dieser konnte dann mit den Styrol-Molekülen reagieren und führte so zu den Substanzen Benzaldehyd, Styroloxid und Acetophenon.


Die schlichte Erklärung, dass allein eine vergrößerte Oberfläche der Goldcluster im Vergleich zum Festkörper für diesen Effekt verantwortlich sein könnte, reicht offenbar nicht aus. Denn Vergleichsmessungen mit nur wenig größeren Goldclustern – 2 Nanometer statt 1,4 Nanometer im Durchmesser – zeigten nicht die geringste katalytische Aktivität. Auch einen Einfluss der Unterlage, der bereits bei früheren Experimenten mit Goldpartikeln auf Titandioxid gezeigt wurde, können die Forscher durch ihre Materialwahl ausschließen.


Den Grund für die einsetzende Katalyse-Aktivität sehen Turner und Kollegen daher in der veränderten elektronischen Struktur der Gold-55-Cluster. Denn im Unterschied zum Goldfestkörper ordnen sich die Atome nicht in einer kubisch-flächenzentrierten Kristallstruktur, sondern in einer ungewöhnlichen 5-zähligen Symmetrie an. Die Zahl 55 ist dabei kein Zufall, da exakt so viele Atome für den Aufbau eines „magischen“, stabilen Clusters nötig sind. Atome im Gold-55 Cluster haben dabei weniger nächste Nachbarn als im Festkörper. Zudem ist die Clustergröße vergleichbar mit der de-Broglie-Wellenlänge eines Elektrons, wodurch die elektronischen Eigenschaften maßgeblich verändert werden könnten.


Zur Überprüfung dieser Annahme führten die Wissenschaftler spektroskopische Messungen mit Photoelektronen an der 4f-Absorbtionskante von Gold aus (XPS). Im Vergleich zu Goldfestkörpern verschiebt sich die Bindungsenergie dieser Innenschalen-Elektronen um 1,1 Elektronenvolt (eV) von 84,0 auf 85,1 eV. Ähnliche Effekte konnten schon früher an Clustern aus Edelgasen, Aluminium, Kohlenstoff oder Methan beobachtet werden, die ebenfalls bevorzugt zu Haufen mit magischen Teilchenzahlen wie 13, 55 oder 147 kondensierten.


„Diese Arbeit bietet einen neuen Ansatz für die Synthese von sehr kleinen Gold-Nanoclustern und wird das aufregende Feld der Gold-Katalyse stimulieren“, ist D. Wayne Goodman von der Texas A&M University überzeugt. So werden weitere Katalyse-Versuche an anderen Substanzen als Styrol mit Goldclustern selektiver Größe folgen.

Jan Oliver Löfken

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