Graphen: Alles unter Kontrolle!
Mit Steuerspannungen von wenigen Volt lässt sich die Zahl verfügbarer freier Elektronen in Graphen genau einstellen.
Eine wichtige Funktionalität in der Elektronik ist es, die Frequenzen von Wechselströmen in geeigneten Bauelementen umwandeln zu können, während die Ströme durch sie hindurchfließen. Das ist notwendig, um Signale zu verarbeiten, und eine wichtige Grundlage dafür, dass etwa Mobiltelefone oder Radios funktionieren. Ob und wie sich solche Frequenzänderungen durch Graphen erreichen, kontrollieren und steuern lassen, hat jetzt ein Forscherteam aus Deutschland und Spanien untersucht.
Die Wissenschaftler legten an das Graphen eine elektrische Gleichspannung von nur wenigen Volt an und untersuchten, wie sich die Frequenzen von angelegten Wechselströmen in Abhängigkeit von dieser Steuerspannung verhielten. „Wir hatten schon früher festgestellt, dass wir mit Graphen Stromfrequenzen besonders effizient verändern können“, sagt Dmitry Turchinovich von der Uni Bielefeld. Er ist einer der beiden Leiter der Studie. „Graphen hatte sich hierbei um ein Vielfaches besser herausgestellt als alle anderen bekannten Materialien.“
Zu diesen Vorteilen zählt insbesondere, dass sich Graphen auch für die Frequenzvervielfachung nutzen lässt, und dass Frequenzen im Terahertz-Bereich erzeugt werden können. Dieser Frequenzbereich ist technologisch sehr wichtig – aber die meisten konventionellen elektronischen Materialien sind dafür nicht geeignet. „Für technologische Anwendungen von Graphen fehlte uns aber bislang das Wissen, wie wir diese Frequenzumwandlungen steuern können“, sagt Turchinovich. Diese Wissenslücke haben die Forscher jetzt geschlossen.
Wie aber funktioniert die Steuerung genau? „Mit Steuerspannungen von wenigen Volt können wir die Zahl der verfügbaren freien Elektronen in Graphen genau einstellen“, erklärt Hassan Hafez aus der Arbeitsgruppe von Turchinovich. „Das ist wichtig, da wir dadurch den optimalen Arbeitspunkt einstellen können. Je mehr Elektronen sich frei im Material bewegen können, desto effizienter funktioniert die Frequenzvervielfachung. Es gibt aber auch eine Sättigung, da die Elektronen mit wachsender Anzahl auch stärker miteinander wechselwirken, was die Effizienz wiederum verringert.“
Graphen gilt als entscheidend, um Anwendungen im Terahertzbereich zu ermöglichen. „Wir haben einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Nutzung von Graphen als funktionalem Quantenmaterial in elektronischen Bauelementen erreicht“, sagt Co-Leiter der Studie Michael Gensch vom DLR-Institut für optische Sensorsysteme in Berlin und der TU Berlin. „Es ist dadurch prinzipiell möglich, Hybrid-Bauelemente zu designen. In diesen könnte das ursprüngliche elektrische Signal mit einer niedrigeren Frequenz, wie es konventionelle Halbleiterbauelemente erzeugen, mit Graphen dann effizient, kontrollierbar und vorhersagbar in den Terahertz-Bereich konvertiert werden.“ Neben den möglichen Anwendungen in der Telekommunikation und der Datenverarbeitung ergeben sich auch Anwendungen in leistungsfähigen Terahertz-Sensoren für die Weltraumforschung oder zur Untersuchung der Erdatmosphäre.
U. Bielefeld / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Kovalev et al.: Electrical tunability of terahertz nonlinearity in graphene, Sci. Adv. 7, eabf9809 (2021); DOI: 10.1126/sciadv.abf9809 - Terahertz Physics Group (D. Turchinovich), Fklt. Für Physik, Universität Bielefeld
- AG Gensch, Institut für Optik und atomare Physik Technische Universität Berlin
- Institut für optische Sensorsysteme, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Berlin