25.05.2016

Graphen in den Griff bekommen

Exakte Kontrolle über Grenzflächen erweist sich als wichtiger Schritt für die Nutzbarmachung.

Graphen ist eine einlagige Kohlenstoff­schicht. Das Potenzial dieses mit einmaligen strukturellen und elektronischen Eigenschaften ausgerüsteten Wunder­materials ist enorm und wurde bereits viel gepriesen – an konkreten Umsetzungen und Anwendungen fehlt es aber immer noch. Wie so oft steckt der Teufel im Detail, wenn es um eine nutzbare Anwendung geht. Doch in einem internationalen Projekt konnten nun viele Tücken des Materials mit Unterstützung des Wissenschafts­fonds FWF geklärt werden.

Abb.: Manipulationen der Struktur von Graphen liefern neue Erkenntnisse über dieses Wundermaterial. (Bild: N. I. Verbitskiy)

„Einzelne Bauelemente auf Graphen-Basis zeigen ja bereits herausragende Eigenschaften“, erläutert der Projektleiter Thomas Pichler vom Bereich Elektronische Material­eigenschaften der Universität Wien, „doch der große Durchbruch in der Anwendung als integrierte elektronische Bau­elemente steht noch aus. Es ist ganz einfach bisher nicht gelungen, dieses Material in einer zuverlässig reproduzier­baren Art und Weise für die etablierte Halbleiter­technologie zu nutzen.“ Eines der größten Hindernisse dafür war bisher die mangelnde Kontrolle, die man auf atomarem Level darüber hatte, wie Graphen mit seiner Umgebung interagiert. So war ein berechenbarer und damit gezielter Einsatz bisher kaum möglich. Selbst die Wechsel­wirkung zwischen Graphen und dem Träger­material, auf das es aufgrund seiner geringen Dicke aufgebracht werden muss, war bisher nur teilweise verstanden. Das Projektteam um Pichler konnte genau das nun ändern.

Dabei gelang es dern Forschern auch, einige überraschende neue Erkenntnisse zu gewinnen. „Wir konnten erstmals eine Korrelation zwischen einem Ladungs­transfer – also der Verschiebung von Elektronen – und mechanischer Spannung von Graphen nachweisen“, schildert Pichler ein herausragendes Ergebnis des Projekts, das vor Kurzem zu Ende gegangen ist. „Eine Beobachtung, die durchaus große praktische Bedeutung haben kann, denn zukünftig könnten so interne Spannungen in Bauelementen auf Graphen­basis ganz ohne Kontakt gemessen werden.“ Und auch bei der ziel­gerichteten Kontrolle der Umgebung von Graphen konnte das Team signifikante Erfolge erzielen: Im Rahmen des Projekts wurde es erstmals möglich, die Grenz­fläche zwischen Graphen und klassischen Halb­leitern wie Germanium auf atomarer Ebene exakt zu kontrollieren. Nach Einschätzung vieler ist dies ein wichtiger Fortschritt, um die nano­elektronischen Bau­elemente auf Graphen­basis für die Halbleiter­technologie nutzbar zu machen.

Entscheidend für den Erfolg des Kooperations­projekts war dabei, dass es gelang, zwei methodisch unterschiedliche Verfahren optimal miteinander zu verbinden und einzusetzen. So nutzte das Team um Pichler modernste Mess­verfahren der Spektroskopie, die ein Team um Ludger Wirtz vom Institut für Elektronik, Mikro­elektronik und Nano­technologie der Universität Lille mit ab-initio-Rechnungen ergänzte.

Das zweite Erfolgsgeheimnis des Projekts war es, dass es gelang, groß­flächiges Graphen herzustellen, das elektronisch isoliert vorlag. Dies war das optimale Ausgangs­material für die experimentelle Arbeit. „Wir haben dann die elektronische Struktur des Graphens ganz gezielt manipuliert,“ erläutert Pichler die Vorgehens­weise in dem Projekt. „Dazu haben wir beispielsweise bestimmte Atome des Substrats, auf dem das Graphen lag, gegen Wasserstoff- oder Stickstoff­atome ausgetauscht und den Einfluss dieser Substitution auf das Graphen gemessen.“ Ein anderer Ansatz, den das Team um Pichler wählte, war die sogenannte Inter­kalation. Bei dieser werden dünnste Schichten von Kalium, Lithium, Kalzium oder Barium zwischen das Graphen und das Träger­material eingeschoben und der Effekt auf das Graphen charakterisiert. Insgesamt ließen sich so in dem Projekt viele zusätzliche Fortschritte erzielen, die für eine umfassende Nutzung von Graphen noch notwendig sind.

FWF / DE

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