Graphen in den Griff bekommen
Exakte Kontrolle über Grenzflächen erweist sich als wichtiger Schritt für die Nutzbarmachung.
Graphen ist eine einlagige Kohlenstoffschicht. Das Potenzial dieses mit einmaligen strukturellen und elektronischen Eigenschaften ausgerüsteten Wundermaterials ist enorm und wurde bereits viel gepriesen – an konkreten Umsetzungen und Anwendungen fehlt es aber immer noch. Wie so oft steckt der Teufel im Detail, wenn es um eine nutzbare Anwendung geht. Doch in einem internationalen Projekt konnten nun viele Tücken des Materials mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF geklärt werden.
Abb.: Manipulationen der Struktur von Graphen liefern neue Erkenntnisse über dieses Wundermaterial. (Bild: N. I. Verbitskiy)
„Einzelne Bauelemente auf Graphen-
Dabei gelang es dern Forschern auch, einige überraschende neue Erkenntnisse zu gewinnen. „Wir konnten erstmals eine Korrelation zwischen einem Ladungstransfer – also der Verschiebung von Elektronen – und mechanischer Spannung von Graphen nachweisen“, schildert Pichler ein herausragendes Ergebnis des Projekts, das vor Kurzem zu Ende gegangen ist. „Eine Beobachtung, die durchaus große praktische Bedeutung haben kann, denn zukünftig könnten so interne Spannungen in Bauelementen auf Graphenbasis ganz ohne Kontakt gemessen werden.“ Und auch bei der zielgerichteten Kontrolle der Umgebung von Graphen konnte das Team signifikante Erfolge erzielen: Im Rahmen des Projekts wurde es erstmals möglich, die Grenzfläche zwischen Graphen und klassischen Halbleitern wie Germanium auf atomarer Ebene exakt zu kontrollieren. Nach Einschätzung vieler ist dies ein wichtiger Fortschritt, um die nanoelektronischen Bauelemente auf Graphenbasis für die Halbleitertechnologie nutzbar zu machen.
Entscheidend für den Erfolg des Kooperationsprojekts war dabei, dass es gelang, zwei methodisch unterschiedliche Verfahren optimal miteinander zu verbinden und einzusetzen. So nutzte das Team um Pichler modernste Messverfahren der Spektroskopie, die ein Team um Ludger Wirtz vom Institut für Elektronik, Mikroelektronik und Nanotechnologie der Universität Lille mit ab-
Das zweite Erfolgsgeheimnis des Projekts war es, dass es gelang, großflächiges Graphen herzustellen, das elektronisch isoliert vorlag. Dies war das optimale Ausgangsmaterial für die experimentelle Arbeit. „Wir haben dann die elektronische Struktur des Graphens ganz gezielt manipuliert,“ erläutert Pichler die Vorgehensweise in dem Projekt. „Dazu haben wir beispielsweise bestimmte Atome des Substrats, auf dem das Graphen lag, gegen Wasserstoff- oder Stickstoffatome ausgetauscht und den Einfluss dieser Substitution auf das Graphen gemessen.“ Ein anderer Ansatz, den das Team um Pichler wählte, war die sogenannte Interkalation. Bei dieser werden dünnste Schichten von Kalium, Lithium, Kalzium oder Barium zwischen das Graphen und das Trägermaterial eingeschoben und der Effekt auf das Graphen charakterisiert. Insgesamt ließen sich so in dem Projekt viele zusätzliche Fortschritte erzielen, die für eine umfassende Nutzung von Graphen noch notwendig sind.
FWF / DE