Graphen in Massen aus dem Mixer
Verfahren schält defektfreie Graphenstücken von Grafitflocken ab – Skalierung auf große Mengen möglich.
Graphen gilt als vielversprechendes Material für leistungsfähige Superkondensatoren, flache Touchscreens oder effiziente Gasfiltermembranen. Allein die Massenfertigung dieser zweidimensionalen Kohlenstoffschichten möglichst ohne Defekte wollte bislang nicht recht gelingen. Diese Hürde überwanden nun irische und britische Wissenschaftler mit einem erstaunlich einfachen Verfahren. Bereits patentiert könnte es nun in einigen Jahren dem vielseitigen Werkstoff Graphen zum Durchbruch für industrielle Anwendungen verhelfen.
Abb.: Gitterstruktur einer abgetrennten Graphenschicht, im Blick durch ein Rastertransmissionselektronenmikroskop. (Bild: CRANN / SuperSTEM)
Das Team um Jonathan Coleman am Trinity College Dublin startete seine Graphen-Produktion mit einfachen Grafit-Flocken. Diese mischten sie in Wasser, versetzt mit geringen Mengen an Geschirrspülmittel oder dem Lösungsmittel Methylpyrrolidon. Die Suspension verrührten sie mit einem Labormixer, aber auch versuchsweise mit einem normalen Küchenmixer. Dabei trennten sich einzelne, meist fünf bis acht Atomlagen dünne Graphenschichten von den Grafitflocken ab. Wichtig bei diesem Rührvorgang waren möglichst hohe Scherkräfte, die bei Rotorgeschwindigkeiten von bis zu 4500 Umdrehungen pro Minuten wirkten. Die so produzierten Graphenstückchen trennten Coleman und Kollegen danach mit einer Zentrifuge ab.
Dicke, Größe und Qualität der Graphenstückchen bestimmten die Forscher mit mehreren spektroskopischen Verfahren, unter einem Transmissionselektronen- und einem Rasterkraftmikroskop. Zum größten Teil wiesen die Stücke Durchmesser von 300 bis 800 Nanometer auf. Dabei zeigten sie sich in ihrem Aufbau weitgehend defektfrei. Ob größere Stücke durch das Mixen zerteilt wurden oder während des Abschälprozesses vom Grafit gar nicht erst entstanden, konnten sie bisher nicht feststellen. Mit dem leistungsstärksten Mixer produzierten die Wissenschaftler 21 Gramm Graphen innerhalb weniger Stunden. Doch halten sie effizientere Prozesse mit bis zu 100 Gramm Graphen pro Stunde für möglich.
Abb.: Feine und defektfreie Graphen-Schichten aus der Mixer-Produktion überlappen sich unter dem Transmissionselektronenmikroskop – der Größenbalken misst 100 Nanometer. (Bild: CRANN)
So günstig das Ausgangsmaterial Grafit (etwa 600 bis 2500 €/Tonne) erhältlich ist, leidet dieses Verfahren insgesamt unter einer geringen Ausbeute von weniger als einem Zehntel Prozent. Aus einem Kilogramm Grafit erhält man folglich etwa ein Gramm Graphen. Doch lassen sich die Grafit-Rückstände zumindest recyclen, um bis zu drei Prozent Ausbeute zu erzielen. Dennoch ist dieses Produktionsverfahren viel effizienter als andere bisher entwickelte Methoden, die entweder Ultraschallprozesse nutzen oder über die Reduktion von Graphenoxid führen. Wie erste Versuche zeigten, lässt es sich auch für die Produktion zweidimensionaler Schichten aus anderen Materialien wie Bornitrid oder Molybdänsulfid nutzen.
Aber nicht nur dieser einfache Weg über den Küchenmixer ist für die Produktion größerer Grapphenmengen geeignet. Erst vor wenigen Wochen präsentierten Forscher vom Elektronikkonzern Samsung ein Verfahren, bei dem sie Graphenschichten von der Größe eines Halbleiterwafers auf einer Germanium-Schicht wachsen ließen. So könnten je nach Anwendung – von der transparenten und leitfähigen Schicht für Displays über Elektroden für Akkus oder Superkondensatoren oder als Membrane für effiziente Gasfilter – schon bald optimierte Produktionsprozesse für größere Mengen zur Verfügung stehen.
Jan Oliver Löfken
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