07.11.2016

Gravitationslinse verdoppelt Gamma-Ausbruch

MAGIC-Beobachtungen bestätigen einmal mehr Rela­ti­vi­täts­theorie.

Nie zuvor haben Astronomen derart energiereiche Strahlung von einem so weit ent­fernten Himmels­objekt gemes­sen: Vor etwa sieben Milli­arden Jahren ereig­nete sich eine gewaltige Explosion am schwarzen Loch im Zentrum einer Galaxie. Es folgte ein inten­siver Gamma­strahlen-Aus­bruch. Mit verschie­denen Tele­skopen gelang es, diese Strahlung einzu­fangen. Quasi neben­bei konnten die Forscher damit Einsteins Allge­meine Rela­tivi­täts­theorie erneut bestä­tigen: Denn auf ihrem Weg zur Erde trafen die Strahlen auf eine näher gele­gene Galaxie – und wurden von dieser Gravi­tations­linse abge­lenkt.

Abb.: Die MAGIC-Tele­skope auf La Palma (Bild: R. Wagner, MPP)

Bei dem Objekt QSO B0218+357 handelt es sich um einen Blazar. Die Astro­physiker gehen heute davon aus, dass sich im Zentrum jeder Galaxie ein super­masse­reiches schwarzes Loch befindet. Schwarze Löcher, in die gerade Materie stürzt, nennt man aktiv. Sie stoßen dabei extrem helle Jets aus. Weisen diese Jets Richtung Erde, spricht man von einem Blazar.

„Entdeckt wurde der Gamma-Ausbruch des Blazars am 14. Juli 2014 zunächst vom Large Area Tele­scope des Fermi-Satel­liten", erläutert Razmik Mirzoyan vom Max-Planck-Institut für Physik. „Sofort nahmen die auf der Erde statio­nierten Gamma­strahlen-Teleskope den Blazar ins Visier, um mehr über das Objekt zu erfahren.“

Eines dieser Teleskope ist MAGIC auf der La Palma, das auf sehr energie­reiche Gamma­strahlen spezia­li­siert ist. Aller­dings hatten die MAGIC-Forscher zunächst Pech: Wegen Voll­mond konnte das Tele­skop in der frag­lichen Zeit nicht beob­achten. Elf Tage später erhielt MAGIC jedoch eine zweite Chance. Denn die von QSO B0218+357 frei­ge­setzten Gamma­strahlen gelangten nicht auf direktem Weg zur Erde: Eine Mil­liarde Jahre nach ihrem Auf­bruch durch­querten sie die Galaxie B0218+357G. Dort kam Ein­steins Allge­meine Rela­tivi­täts­theorie ins Spiel.

Abb.: Die MAGIC-Teleskope empfingen energie­reiche Gamma-Photonen des Blazars QSO B0218+357, die von einer Galaxie abge­lenkt worden waren. (Bild: MAGIC-Kolla­bo­ration)

Sie besagt, dass eine große Masse die Strahlung eines dahinter liegenden Objekts ablenkt. Das führt nicht nur zu einer Ver­stärkung und Verzer­rung der Quelle, sondern oft auch zu mehr­fachen Bildern der Quelle: Die Strahlung erreicht die Erde dann auf mehreren unter­schied­lichen Wegen und benö­tigt für diese Wege auch unter­schied­lich viel Zeit. Von Beob­ach­tungen von Fermi und Radio­tele­skopen im Jahr 2012 wussten die Forscher, dass die Gravi­ta­tions­linse B0218+357G zwei Bilder des Blazars erzeugt, und dass die Strahlung auf dem längeren der beiden Wege elf Tage später die Erde erreicht. So konnte MAGIC den Gamma-Ausbruch doch noch beob­achten. Es ist das erste Mal, dass Astro­nomen die Ablen­kung derart hoch­energe­tischer Strahlung an einer Gravi­ta­tions­linse beob­achtet haben.

Dass die energiereichen Gammastrahlen eines so weit ent­fernten Himmels­körpers die Erde errei­chen, ist alles andere als selbst­ver­ständ­lich. Das Welt­all ist ange­füllt mit Photonen niedriger Energie. „Viele Gamma­strahlen gehen ver­loren, wenn sie mit diesen Photonen wechsel­wirken“, so Mirzoyan. Die Tat­sache, dass die Strahlung zum berech­neten Zeit­punkt auf der Erde ankam, könnte zudem einige Theorien über die Struktur des Vakuums ins Wanken bringen – aller­dings sind dafür weitere Unter­suchungen erfor­der­lich. „Derzeit verweist die Beob­achtung auf neue Möglich­keiten für Hoch­energie-Gamma­strahlen-Obser­va­torien – und setzt ein Ausrufe­zeichen für die nächste Gene­ra­tion von Tele­skopen im CTA-Projekt", resü­miert Mirzoyan.

MPP / RK

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