27.01.2017

Gravitationslinsen bestätigen schnelle Expansion des Kosmos

Expansionsrate für das lokale Universum stimmt nicht mit der des frühen Uni­ver­sums über­ein.

Die Hubble-Konstante beschreibt die Geschwindigkeit, mit der das Universum expandiert. Eine Gruppe von Astronomen aus der H0LiCOW-Kooperation hat das Weltraumteleskop Hubble und weitere Teleskope im All und auf der Erde genutzt, um fünf Galaxien zu beobachten und diese für eine un­ab­hängige Messung der Hubble-Konstante zu nutzen. Die neue Messung ist völlig un­ab­hängig von – aber in ausgezeichneter Übereinstimmung mit – anderen Messungen der Hubble-Konstante im lokalen Universum, die Cephe­iden­sterne und Super­novae als Referenzpunkte verwendeten.

Abb.: Diese Montage zeigt die von der H0LiCOW-Koope­ration unter­suchten fünf Linsen­quasare mit ihren Vorder­grund­galaxien. Mit Hilfe dieser Objekte konnten die Astro­nomen eine unab­hängige Messung der Hubble-Konstanten durch­führen. Sie berech­neten, dass sich das Uni­ver­sum tat­säch­lich noch schneller aus­dehnt, als man auf der Grund­lage unseres kosmo­lo­gischen Modells erwarten würde. (Bild: NASA / ESA / S. Suyu, MPA)

Der von dem Team gemessene Wert sowie die mit Cepheiden und Super­novae gemessenen Werte unterscheiden sich jedoch von der Messung des Planck-Satelliten. Dabei gibt es einen wichtigen Unter­schied: Planck maß die Hubble-Konstante für das frühe Universum durch Beobachtung des kos­mi­schen Mikro­wellen­hinter­grunds. Während der Planck-Wert für die Hubble-Konstante mit unserem gegen­wärtigen Verständnis des Kosmos über­ein­stimmt, stehen die Werte, die die Astro­nomen für das lokale Universum er­hal­ten haben, im Wider­spruch zum akzep­tierten theore­tischen Modell des Universums.

„Wir schaffen es inzwischen, die Expansionsrate des Universums in unter­schied­licher Weise mit einer solch hohen Genauig­keit zu messen, dass dabei auftre­tende Diskre­panzen möglicher­weise auf eine neue Physik hin­weisen, die über unsere gegen­wärtige Kenntnis des Universums hinaus­geht“, erläutert Sherry Suyu vom MPI für Astro­physik in Garching.

Die Ziele der Studie waren massereiche Galaxien zwischen den Beob­achtern auf der Erde und sehr ent­fernten Quasaren. Das Licht der Quasare wird durch die als starke Gravi­tations­linse wirkende Masse der Galaxie gebeugt. Das erzeugt mehrere Bilder des Hinter­grund-Quasars, einige werden zu Bögen verzerrt.

Da die Galaxien aber keine perfekt sphärischen Verzerrungen im Raum erzeugen und außerdem die Linsen­galaxien und Quasare nicht perfekt hinter­ein­ander ausge­richtet sind, legt das Licht der verschie­denen Bilder des Hinter­grund-Quasars unter­schied­liche Wege zurück, die auch unter­schied­liche Längen auf­weisen. Die Helligkeit von Quasaren ändert sich mit der Zeit und so können die Astro­nomen sehen, dass die verschie­denen Bilder zu unter­schied­lichen Zeiten auf­flackern. Die Verzöge­rungen dazwischen sind dabei ab­hängig von der zurück­gelegten Weg­länge des Lichts und stehen in di­rek­tem Zu­sam­men­­hang mit dem Wert der Hubble-Konstante.

Die genauen Messungen der Zeitverzögerungen zwischen den einzelnen Bildern sowie Computer­modelle erlaubten es dem Team die Hubble-Kon­stante mit der beein­druckend hohen Präzision von 3,8 Prozent zu er­mit­teln. Dafür mussten die Forscher in ihre Analyse auch die Licht­ab­lenkung durch alle anderen Galaxien in der Nähe der Linsen­galaxie einbe­ziehen. „Die Hubble-Konstante ist für die moderne Astro­nomie von entschei­dender Be­deu­tung“, so Suyu, „da sie bei der Beant­wortung der Frage hilft, ob unser Bild des Universums – bestehend aus dunkler Energie, dunkler Materie und normaler Materie – korrekt ist oder ob wir etwas Grund­sätz­liches über­sehen haben.“

MPA / RK

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