Grenzgänger zwischen Physik und Biologie
Adam Lange leitet neue Abteilung am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie.
Der Biophysiker Adam Lange wechselt vom MPI für Biophysikalische Chemie in Göttingen an das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin, verbunden mit einer Professur für „Struktur und Dynamik von Biomolekülen“ an der Humboldt-Universität. Langes bislang größter Erfolg ist die Erforschung einer Art „Injektionsnadel“, mit der Bakterien ihre Wirtszellen angreifen. Am FMP möchte er die Strukturaufklärung solch hochkomplexer Bioaggregate fortsetzen und mit der Suche nach möglichen Wirkstoffen beginnen.
Abb.: Biophysiker Adam Lange (Bild: S. Oßwald)
„Wir freuen uns riesig, dass wir einen der Stars der Szene für unser Institut gewinnen konnten“, sagt Hartmut Oschkinat, der am FMP mit Hilfe der noch relativ neuen Technik der Festkörper-NMR forscht. NMR steht für „Nuclear Magnetic Resonance“, also Kernspinresonanz. Die Weiterentwicklung dieser Methode in den vergangenen zehn Jahren ermöglicht es den Forschern inzwischen sogar, damit die Struktur komplexer Biomoleküle zu untersuchen. Um Aufbau und Form von Proteinen und damit auch ihre Funktionsweise bis ins atomare Detail aufzuklären, mussten sie bei den bisherigen Methoden entweder als Lösung oder als geordneter Kristall vorliegen – große Aggregate oder Membranproteine schieden damit oft aus.
Ein solches Proteinaggregat ist auch die von Lange erforschte „Nadel“, mit der viele Bakterienarten wie zum Beispiel Salmonellen ihre Wirtszellen angreifen. „Jede Bakterienart hat ihr eigenes raffiniertes Arsenal an Substanzen, mit denen sie in den Stoffwechsel des Wirts eingreift, doch das System für die Injektion dieser Substanzen ist in vielen Fällen das Gleiche", erklärt Lange. Wie der Biophysiker zeigen konnte, lagern sich Hunderte von Proteinen in einem sich selbst organisierenden Prozess aneinander, so dass eine lange Nadel von nur zwei Nanometer Durchmesser entsteht. „Könnte man einen Wirkstoff finden, der die Injektionsnadeln der Bakterien verstopft, wäre das sicher sehr interessant für die medizinische Forschung“, so der Wissenschaftler. Am FMP kann Lange seine Strukturaufklärung mit einer systematischen Wirkstoff-Forschung verbinden. Das Institut verfügt über eine Screening-Unit, in der Roboter in kürzester Zeit viele chemische Substanzen auf eine bestimmte Wirkung hin testen können.
Zudem möchte der 37-Jährige die Strukturaufklärung großer Proteinkomplexe weiter vorantreiben. „Das FMP war mir natürlich schon lange bekannt, es ist ja berühmt für seine NMR-Forschung. Die Ausstattung ist wirklich sehr gut, es handelt sich um einen der besten Standorte Europas, wenn nicht gar weltweit“, sagt Lange. Die Festkörper-NMR beruht auf der Eigenschaft mancher Atomkerne, in einem starken äußeren Magnetfeld selbst zu kleinen Magneten zu werden. Sie lassen sich dann mit Radiowellen anregen, und zwar je nach chemischer Umgebung bei unterschiedlichen Wellenlängen. Auf diese Weise kann man durch komplizierte Rechenverfahren schließlich die Lage der Atome innerhalb von Molekülen ermitteln. In Langes Arbeitsgruppe arbeiten Physiker, Chemiker und Biologen eng zusammen. „Ich habe mich schon immer für die Grenzgebiete interessiert“, sagt der Physiker, den biologische Fragestellungen mehr faszinieren als reine Physik. Die Biologie möchte er dabei sehr analytisch mit den Methoden der Physik angehen: „Als Physiker ist man dafür geschult, ein Problem auf den Kern zu reduzieren.“
FMP / RK