10.10.2022 • Kernphysik

Größe eines exotischen Nickel-Isotops gemessen

Damit lässt sich erstmals der Verlauf des Ladungsradius über einen neutronenarmen doppelt magischen Kern hinweg verfolgen.

Das Isotop Nickel-56 ist in mehr­facher Hinsicht bemerkens­wert: Es ist ein Spiegelkern, weil er aus genauso vielen Protonen wie Neutronen besteht. Außerdem handelt es sich bei 28 um eine „magische“ Zahl, bei der im Schalen­modell des Atomkerns gerade eine Schale voll­ständig besetzt ist und der Kern damit eine erhöhte Stabilität besitzt. Solche doppelt magischen Kerne sind kugel­förmig und lassen sich nur schwer verformen. Für Nickel-56 trifft dies allerdings nur zum Teil zu. Das Isotop lässt sich beispiels­weise leichter verformen als sein ebenfalls doppelt magischer Verwandter, das Isotop Calcium-48, das ebenfalls 28 Neutronen, aber nur 20 Protonen besitzt. Die Güte oder Stärke des Schalen­abschlusses bei N=28 ist für Calcium-48 also höher als bei Nickel-56. Eine inter­nationale Forschungs­kooperation unter Leitung eines Kernphysik-Teams der TU Darmstadt hat den Ladungs­radius des Isotops Nickel-56 bestimmt. Damit lässt sich erstmals der Verlauf des Ladungs­radius entlang einer Isotopen­kette über einen neutronen­armen doppelt magischen Kern hinweg verfolgen. Das Ergebnis war für die Forscher über­raschend, liegt aber in guter Über­ein­stimmung mit den Ergebnissen modernster Kern­theorien.

Abb.: Der Knick des Verlaufs der Ladungs­radien bei Nickel und Calcium....
Abb.: Der Knick des Verlaufs der Ladungs­radien bei Nickel und Calcium. Dar­ge­stellt ist die Ände­rung der Ladungs­radien gegen­über den zu­ge­hö­ri­gen dop­pelt ma­gischen Iso­topen Nickel-56 und Calcium-48 bei N=28. (Bild: W. Nörters­häuser, TU Darm­stadt)

Erhöht man die Zahl der Neutronen eines Kerns, wächst in den meisten Fällen auch der Ladungs­radius – also die mittlere Größe der Verteilung der positiv geladenen Protonen – gleich­mäßig an. Erreicht man allerdings eine magische Neutronen­zahl, so wächst der Ladungs­radius beim weiteren Hinzu­fügen von Neutronen sehr viel rascher an als zuvor. Diese abrupte Änderung der Steigung äußert sich in einem Knick im Verlauf der Ladungs­radien. Das ist für alle herkömm­lichen magischen Zahlen – 28, 50, 82, 126 –, bei denen die Ladungs­radien bislang gemessen wurden, mit Ausnahme von 20, experi­mentell belegt.

Allerdings handelt es sich dabei in allen Fällen um Schalen­abschlüsse in neutronen­reichen Kernen, da diese leichter zu produzieren sind. Durch die Messung der Ladungs­radien von Nickel-56 und Nickel-55 sollte jetzt erstmals ein direkter Vergleich eines neutronen­reichen und eines neutronen­armen doppelt magischen Isotops erreicht werden, um fest­zu­stellen, ob sich die Güte des Schalen­ab­schlusses auch anhand der Ladungs­radien bestimmen lässt.

Am National Super­conducting Cyclotron Laboratory an der Michigan State University fanden die Forscher exzellente Bedingungen zur Erzeugung und laser­spektro­sko­pischen Messung der Ladungs­radien dieser Isotope. „Zu unserer Über­raschung stellten wir fest, dass der Knick in den Ladungs­radien bei Nickel-56 exakt genauso stark ist wie bei Calcium-48,“ erläutert Felix Sommer von der TU Darmstadt.

Theoretische Berechnungen dieser Kerne wurden sowohl mit ab-initio-Theorien – also auf Basis indivi­dueller Neutronen und Protonen – durchgeführt als auch mit Dichte­funktional­rechnungen, die auf kontinuier­lichen Dichte- und Strom­ver­teilungen der Nukleonen beruhen. In beiden Fällen ergab sich eine exzellente Über­ein­stimmung mit den experi­men­tellen Daten. Damit weisen die experi­men­tellen und die theore­tischen Ergebnisse darauf hin, dass die Steigungs­änderung der Ladungs­radien am magischen Schalen­abschluss nicht unmittelbar als Maß der Güte des Schalen­abschlusses heran­ge­zogen werden kann.

TU Darmstadt / RK

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