Größte Geothermieanlage erzeugt erstmals Strom
Die bundesweit größte Geothermieanlage in Unterhaching bei München hat ihre Stromproduktion gestartet.
Erdwärmekraftwerk erzeugt Strom mit neuer Technik - «Exportschlager»
Unterhaching (dpa) - Die bundesweit größte Geothermieanlage in Unterhaching bei München hat ihre Stromproduktion gestartet. Erstmals in Deutschland kommt dabei die besonders effiziente sogenannte Kalina-Technik zum Einsatz, wie die Geothermie Unterhaching GmbH am Dienstag mitteilte. Bei der Kalina-Technik erwärmt das heiße Wasser ein Ammoniak-Wasser-Gemisch. Dieses produziert bei relativ niedrigen Temperaturen Dampf, so dass eine höhere Energieausbeute möglich ist. Es ist nach Island die zweite Anlage dieser Art in Europa. «Der Einsatz der innovativen Kalina-Technologie ist auch für unser Unternehmen eine Premiere», erklärte Siemens-Projektleiter Hans-Werner Rathje. Siemens hat die Anlage errichtet.
«Es ist eine Prototypanlage, nach deren Vorbild viele weitere entstehen können», sagt Werner Bußmann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Geothermie in Geeste. Im Sommer soll das Unterhachinger Heizkraftwerk offiziell mit einem Festakt eröffnet werden. Das Wasser wird aus mehr als 3300 Metern Tiefe gepumpt.
Erdwärme gilt als wichtiges Energiereservoire der Zukunft, klimafreundlich und wetterunabhängig. Nach Beginn der ersten Bohrung in Unterhaching 2004 gab es einen regelrechten Boom, viele Investoren sicherten sich Claims mit den Rechten zur Suche nach heißem Wasser - manch einer wartete gespannt auf erste Ergebnisse aus Unterhaching.
In drei Regionen Deutschlands gibt es Thermalwasser in der nötigen Menge und Temperatur: im norddeutschen Tiefland, im Oberrheingraben und im süddeutschen Molassebecken. Bisher laufen neben Unterhaching aber nur zwei Geothermieanlagen, die auch Strom erzeugen: Ende 2007 ging in Landau in der Pfalz eine Anlage ans Netz. Sie liefert laut Homepage mit 3,0 Megawatt etwas weniger Strom als in Unterhaching geplant und hat weniger Wärmeleistung. Das älteste deutsche Kraftwerk in Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern ist seit gut vier Jahren in Betrieb. Es kann rund 210 Kilowatt Strom einspeisen, die Stromerzeugung wird im Winter zugunsten der Wärme eingestellt.
In Unterhaching soll in den nächsten Wochen die Leistungsfähigkeit der Anlage getestet werden, durchschnittlich soll sie 3,36 Megawatt Strom liefern. Das entspricht dem Verbrauch von rund 10 000 Haushalten. Die Wärmeversorgung startete schon im Herbst, mehrere tausend Bürger heizten im Winter erstmals mit der umweltfreundlichen Wärme aus der Tiefe - auch angesichts steigender Ölpreise hat dieses Heizen Vorrang. Bundesweit wurden laut Bundesumweltministerium 2007 durch Geothermie eine halbe Million Tonnen CO2 weniger in die Luft geblasen. Rund 150 Tiefengeothermie-Projekte zur Wärmenutzung oder zur Stromerzeugung sind bundesweit in Planung.
Dass das warme Wasser in Unterhaching versiegen könnte, befürchtet Bußmann nicht, da das Wasser zurückgepumpt wird. «Im Prinzip ist es eine unerschöpfliche Energiequelle.» Allerdings könnten nach einigen Jahrzehnten neue Bohrungen nötig werden, wenn die Stelle um das Bohrloch ausgekühlt sei.
Sabine Dobel, dpa