Große Kunst für große Forschung
Das europäische Kernforschungszentrum Cern startet eine eigene Kulturpolitik.
Der Ursprung der Materie als Tanz, die Wunder des Kosmos als Minimal Music, ein künstlerisch gestalteter Fußboden, der durch die kosmische Höhenstrahlung zum Leuchten gebracht wird – Kunst ist kein Fremdwort am Cern, dem europäischen Forschungszentrum für Kernphysik. Mit rund 10000 Mitarbeitern und Forschern aus rund 80 Ländern ist das Cern fast schon eine Wissenschaftsstadt für sich. Und die leistet sich nun auch eine eigene Kulturpolitik. Die am 4. August offiziell ins Leben gerufene Initiative „Great Arts for Great Science“ soll Teilchenphysik und Kunst auf hohem Niveau näher bringen.
Dafür gibt es ein eigenes Gremium, dem renommierte Expertinnen und Experten aus den Sitzländern angehören, beispielsweise Beatrix Ruf, Direktorin der Kunsthalle Zürich, Serge Dorny, Generaldirektor des Opernhauses Lyon, und Franck Madlener, Direktor des Musikinstituts IRCAM in Paris. Genf und das Cern selbst sind vertreten durch Christoph Bollman von ArtbyGenève und Michael Doser, einem Fachmann für Physik der Antimaterie.
Die Tanzperformance "The Matters of Origin" wurde durch Besuche der Choreographin Liz Lerman vorbereitet. Dabei erkundeten Mitglieder ihrer Gruppe "Dance Exchange" tänzerisch die Räume des Cern. (Bild: CERN)
Kunst am Cern soll natürlich durch die Teilchenphysik inspiriert sein. Dass dies keine künstlerische Einschränkung sein muss, zeigt die Vielfalt bisheriger Kunstprojekte. Eine Auswahl findet sich auf der Webseite des Cern-Kunstprogramms. Künstlerinnen und Künstler zeigen dort eindrucksvoll, wie Choreographien, Skulpturen, Fotografien oder Kompositionen neue Sichtweisen auf physikalische Forschung werfen.
Die Mitglieder des Gremiums sollen jedes Jahr ein oder zwei Kunstprojekte auswählen. Ein weiteres Programm soll Künstlern Gastaufenthalte am Cern ermöglichen. „Wissenschaft und Kunst bilden zusammen die Kultur – sie drücken aus, was es heißt, als Mensch im Universum zu sein“, betont Cern-Direktor Rolf-Dieter Heuer.
In diesem Jahr wird auch das Cern an der Ars Electronica in Linz beteiligen, einem Festival, dass insbesondere der Verbindung von Kunst und digitalen Medien gewidmet ist. „Wir sind gespannt auf die kreativen Kollisionen, die sich aus dieser kulturellen Partnerschaft ergeben werden“, sagt Michael Doser.
CERN / Alexander Pawlak