18.11.2016

Große Windparks bremsen den Wind

Energieerzeugung einzelner Windkraft­anlagen um bis zu achtzig Prozent redu­ziert.

Windenergie trägt maßgeblich zum steigenden Anteil erneuer­barer Energie bei. Aber kann sich dieser Trend über die nächsten Jahr­zehnte weiter fort­setzen? Eine neue Studie von Wissen­schaft­lern des MPI für Bio­geo­chemie in Jena senkt diese Erwartung für die groß­flächige Energie­gewinnung mit Wind­parks erheb­lich. Die Forscher bestimm­ten, wieviel Energie sich besten­falls aus Wind­kraft er­zeugen lässt und wie sich das auf die Effi­zienz jeder ein­zel­nen Wind­kraft­anlage aus­wirkt. Jede Wind­kraft­anlage ent­zieht dem Wind Energie, sodass viele Anlagen groß­räumig zu ver­rin­ger­ten Wind­ge­schwin­dig­keiten in der Atmo­sphäre führen sollten. Die lang­samere Wind­ge­schwin­dig­keit ver­ringert dann die Energie­erzeu­gung jeder einzelnen Wind­kraft­anlage.

Abb.: Windpark mit mehreren Wind­kraft­anlagen. (Bild: sprisi / pixelio)

Durch Berücksichtigung dieses Effekts konnten die Wissenschaftler die starke Diskre­panz zwischen theore­tisch model­lierten und daten­basierten Abschät­zungen der Wind­energie er­klären, die einer­seits aus groß­skaligen Klima­modellen und anderer­seits aus Beob­achtungen lokaler Wind­geschwin­dig­keiten und kleiner Wind­parks stammen. „Man sollte nicht an­nehmen, dass die Wind­ge­schwin­dig­keiten unver­ändert bleiben, wenn man viele Wind­kraft­anlagen in einer Region instal­liert“, erläutert Lee Miller vom MPI für Bio­geo­chemie. „Auch wenn die aus Klima­modellen berech­neten Wind­ge­schwin­dig­keiten nicht ganz realis­tisch sind, so können diese Modelle den Effekt von vielen Wind­kraft­anlagen dennoch simu­lieren. Wenn man beob­achtete Wind­ge­schwin­dig­keiten nutzt, um Wind­energie­erzeu­gung abzu­schätzen, kann man diesen Effekt aber nicht er­fassen.” Das im Modell errech­nete Ab­bremsen des Winds redu­ziert die Effi­zienz der ein­zel­nen Wind­kraft­anlagen ge­waltig. Die Forscher berech­neten, dass dadurch die Energie­erzeu­gung jeder einzelnen Anlage um bis zu achtzig Prozent redu­ziert sein kann.

Die Wissenschaftler berechneten mit einem Klimamodell in einer Reihe von Szena­rien, wieviel Wind­energie maxi­mal über allen Konti­nenten genutzt werden kann. Die Ergeb­nisse zeigen, dass auf nur drei bis vier Prozent der Land­ober­fläche mehr als ein Watt Strom pro Quadrat­meter erzeugt werden kann, mit typi­schen Raten von 0,5 Watt oder weniger. Diese Berech­nungen stimmen mit anderen Klima­modell­rech­nungen über­ein, sind aber nur ein Bruch­teil der Abschät­zungen, die auf gemes­senen Wind­ge­schwin­dig­keiten beruhen. Diesen Unter­schied konnten die Forscher auf schwächere Geschwin­dig­keiten zurück­führen, die im Klima­modell um vierzig bis fünfzig Prozent redu­ziert werden. Da Wind­ge­schwin­dig­keiten über­pro­por­tional die Strom­erzeu­gung von Wind­kraft­anlagen beein­flussen, führte deren Ab­bremsen zu deut­lich niedri­gerer Wind­energie­erzeu­gung in den Klima­modell­rech­nungen und zu der dras­tisch redu­zierten Effi­zienz der ein­zel­nen Wind­kraft­anlagen.

Axel Kleidon, Gruppenleiter am MPI für Biogeochemie, betont, dass es sich hier­bei um hypo­the­tische Szena­rien der Wind­energie­nutzung handelt. Aller­dings weist er darauf hin, dass die Ergeb­nisse hoch rele­vant für den zukünf­tigen Ausbau der Wind­energie sind: „Wir finden diese drama­tischen Effekte bei Ab­ständen zwischen ein­zel­nen Wind­kraft­anlagen, wie man sie heut­zu­tage häufig in Wind­parks auf Land an­trifft.“ Kleidon plant, seine Berech­nungen mit Mes­sungen heutiger Wind­parks abzu­gleichen, um zu testen, ob der Brems­effekt schon sicht­bar ist. Für den weiteren Aus­bau der Wind­energie würde das be­deuten, dass man wahr­schein­lich auf deut­lich größere Abstände zwischen den Wind­kraft­anlagen setzen sollte, um die heutige Effi­zienz von Wind­energie­erzeu­gung auch in Zukunft zu erreichen.

MPI-BGC / RK

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