Große Windparks bremsen den Wind
Energieerzeugung einzelner Windkraftanlagen um bis zu achtzig Prozent reduziert.
Windenergie trägt maßgeblich zum steigenden Anteil erneuerbarer Energie bei. Aber kann sich dieser Trend über die nächsten Jahrzehnte weiter fortsetzen? Eine neue Studie von Wissenschaftlern des MPI für Biogeochemie in Jena senkt diese Erwartung für die großflächige Energiegewinnung mit Windparks erheblich. Die Forscher bestimmten, wieviel Energie sich bestenfalls aus Windkraft erzeugen lässt und wie sich das auf die Effizienz jeder einzelnen Windkraftanlage auswirkt. Jede Windkraftanlage entzieht dem Wind Energie, sodass viele Anlagen großräumig zu verringerten Windgeschwindigkeiten in der Atmosphäre führen sollten. Die langsamere Windgeschwindigkeit verringert dann die Energieerzeugung jeder einzelnen Windkraftanlage.
Abb.: Windpark mit mehreren Windkraftanlagen. (Bild: sprisi / pixelio)
Durch Berücksichtigung dieses Effekts konnten die Wissenschaftler die starke Diskrepanz zwischen theoretisch modellierten und datenbasierten Abschätzungen der Windenergie erklären, die einerseits aus großskaligen Klimamodellen und andererseits aus Beobachtungen lokaler Windgeschwindigkeiten und kleiner Windparks stammen. „Man sollte nicht annehmen, dass die Windgeschwindigkeiten unverändert bleiben, wenn man viele Windkraftanlagen in einer Region installiert“, erläutert Lee Miller vom MPI für Biogeochemie. „Auch wenn die aus Klimamodellen berechneten Windgeschwindigkeiten nicht ganz realistisch sind, so können diese Modelle den Effekt von vielen Windkraftanlagen dennoch simulieren. Wenn man beobachtete Windgeschwindigkeiten nutzt, um Windenergieerzeugung abzuschätzen, kann man diesen Effekt aber nicht erfassen.” Das im Modell errechnete Abbremsen des Winds reduziert die Effizienz der einzelnen Windkraftanlagen gewaltig. Die Forscher berechneten, dass dadurch die Energieerzeugung jeder einzelnen Anlage um bis zu achtzig Prozent reduziert sein kann.
Die Wissenschaftler berechneten mit einem Klimamodell in einer Reihe von Szenarien, wieviel Windenergie maximal über allen Kontinenten genutzt werden kann. Die Ergebnisse zeigen, dass auf nur drei bis vier Prozent der Landoberfläche mehr als ein Watt Strom pro Quadratmeter erzeugt werden kann, mit typischen Raten von 0,5 Watt oder weniger. Diese Berechnungen stimmen mit anderen Klimamodellrechnungen überein, sind aber nur ein Bruchteil der Abschätzungen, die auf gemessenen Windgeschwindigkeiten beruhen. Diesen Unterschied konnten die Forscher auf schwächere Geschwindigkeiten zurückführen, die im Klimamodell um vierzig bis fünfzig Prozent reduziert werden. Da Windgeschwindigkeiten überproportional die Stromerzeugung von Windkraftanlagen beeinflussen, führte deren Abbremsen zu deutlich niedrigerer Windenergieerzeugung in den Klimamodellrechnungen und zu der drastisch reduzierten Effizienz der einzelnen Windkraftanlagen.
Axel Kleidon, Gruppenleiter am MPI für Biogeochemie, betont, dass es sich hierbei um hypothetische Szenarien der Windenergienutzung handelt. Allerdings weist er darauf hin, dass die Ergebnisse hoch relevant für den zukünftigen Ausbau der Windenergie sind: „Wir finden diese dramatischen Effekte bei Abständen zwischen einzelnen Windkraftanlagen, wie man sie heutzutage häufig in Windparks auf Land antrifft.“ Kleidon plant, seine Berechnungen mit Messungen heutiger Windparks abzugleichen, um zu testen, ob der Bremseffekt schon sichtbar ist. Für den weiteren Ausbau der Windenergie würde das bedeuten, dass man wahrscheinlich auf deutlich größere Abstände zwischen den Windkraftanlagen setzen sollte, um die heutige Effizienz von Windenergieerzeugung auch in Zukunft zu erreichen.
MPI-BGC / RK