Grundstein für Galileo-Kontrollzentrum
Deutschland wird nach Auffassung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zum Zentrum der europäischen Satellitennavigation.
Oberpfaffenhofen (dpa) - Deutschland wird nach Auffassung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zum Zentrum der europäischen Satellitennavigation. Von hier aus werde das gesamte Satelliten-Navigationssystem Galileo künftig gesteuert und kontrolliert, sagte Tiefensee am Dienstag bei der Grundsteinlegung für das Galileo-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen bei München. Das mindestens 3,5 Milliarden Euro teure Projekt soll in Konkurrenz zum US-amerikanischen GPS-System und zum russischen System GLONASS aufgebaut werden. Von 2008 an liefern Satelliten Positionsdaten für Navigationssysteme etwa in Fahrzeugen.
«Wir können mit Fug und Recht von einem Exzellenzzentrum für Satellitennavigation sprechen», sagte Tiefensee am Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen über das Projekt. Bis 2008 entsteht dort für 16 Millionen Euro ein neues Gebäude. In drei Kontrollräumen sollen vom Frühjahr 2008 an etwa 100 Ingenieure und Wissenschaftler bis zu 30 Satelliten steuern. Bereits seit 2003 ist in Ottobrunn bei München der Hauptsitz des Auftragnehmerkonsortiums für Galileo. In Berchtesgaden wird derzeit ein Testfeld für die unterschiedlichen Anwendungen von Galileo errichtet.
Bis zu 30 Satelliten sollen bei Galileo auf drei verschiedenen Erdumlaufbahnen die gesamte Erdoberfläche optimal abdecken und präzise Positionsdaten für Navigationssysteme etwa in Fahrzeugen liefern. Wegen der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Galileo in Verkehr, Umweltschutz oder bei der Energieversorgung wird das Beschäftigungspotenzial von Experten auf über 100 000 Arbeitsplätze in Europa geschätzt.
Mit Galileo wird Europa nach Überzeugung Tiefensees unabhängig von den beiden weltweit bestehenden Konkurrenzsystemen GPS und GLONASS. «Galileo ist für die Bundesregierung eines der wichtigsten europäischen Innovationsprojekte», bekräftigte er laut Mitteilung seines Ministeriums. Deutsche Unternehmen sollten noch mehr an dem weltweit wachsenden Markt der Satellitennavigation teilhaben.
Dagegen gehen Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) die europäischen Bemühungen für technologische Innovationen nicht weit genug. Der CSU-Vorsitzende forderte die EU zu noch größeren Anstrengungen bei entsprechenden Großprojekten auf. Deutschland solle während seiner bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft die Forschung und Entwicklung neuer Technologien zu einem Schwerpunkt machen, verlangte Stoiber bei der Grundsteinlegung.
Erst vor wenigen Wochen gab es für Galileo jedoch einen erneuten Rückschlag. Im September wurde bekannt, dass sich der Start des zweiten Testsatelliten «Giove-B» noch einmal verzögert. Er ist nun für das Frühjahr 2007 geplant. Damit liegt das Konsortium ein Jahr hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurück. Der Start war erst für das Frühjahr 2006 geplant gewesen, dann wurde er auf diesen Herbst verschoben. Begründet wird die Verschiebung mit Problemen an Bauteilen. Der Zeitplan für den Aufbau des Galileo-Systems sei aber nicht in Gefahr, hieß es.
Hintergrund: Das Satelliten-Navigationssystem Galileo
Mit dem satellitengesteuerten Navigationssystem Galileo will Europa die Vormachtstellung der US-Variante GPS (Global Positioning System) brechen. Galileo soll genauer und zuverlässiger arbeiten und vor allem für zivile Dienste eingesetzt werden. Das System kann die Position eines Gegenstandes auf der Erde mit einer Abweichung von wenigen Zentimetern bestimmen. Einsatzgebiete sind vor allem der Auto-, Flug- und Schiffsverkehr. Bis 2020 sollen 3,6 Milliarden Empfangsgeräte bedient werden.
Für das System will die europäische Raumfahrt 30 Satelliten auf drei Erdumlaufbahnen schießen. Das GPS-System verfügt nur über 24 Flugkörper. Eine genaue Ortsbestimmung ist nur dann möglich, wenn mindestens drei Satelliten gleichzeitig eine gemeinsame Fläche auf der Erde erfassen können. Im Gegensatz zum GPS will Galileo seinen Kunden eine Garantie für seine Dienstleistung geben.
Die Planung liegt in der Hand der Galileo Joint Undertaking (GJU), einer gemeinsamen Gesellschaft von EU und Europäischer Weltraumagentur (ESA). Sie finanziert die Aufbauphase mit 1,2 Milliarden Euro. Die restlichen knapp 2,5 Milliarden Euro sollen gemeinsam mit einem europäischen Firmenkonsortium aufgebracht werden, das später das System marktwirtschaftlich führen soll. Galileo soll spätestens 2010 einsatzbereit sein.