27.01.2022

Guter Halt für Greifroboter

Blick auf Insekten kann Roboterbewegungen optimieren.

Eine ganze Generation von Greif­robotern wurde nach einem bestimmten Design-Prinzip entwickelt. Ein inter­nationales Forschungsteam aus der Biomechanik hat es jetzt nach dem Vorbild von Insekten optimiert. Unter der Leitung der Süd­dänischen Universität übertrugen Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel es zum ersten Mal von Hand- auf Fußelemente. Damit könnten Roboter in Zukunft nicht nur besser und mit weniger Kraft­aufwand greifen, sondern sich auch zügig und sicher auf unebenen Oberflächen fortbewegen.

Abb.: Mit Füßen nach dem Vorbild von Insekten könnten Roboter auch über...
Abb.: Mit Füßen nach dem Vorbild von Insekten könnten Roboter auch über unwegsame Untergründe wie Rohre oder Felsen laufen. (Bild: P. Manoonpong)

Viele Roboter können mit ihren Greifarmen andere Objekte fest umschließen ohne dabei großen Druck auszuüben. Das gelingt, weil sie sich besonders gut an die Kontur ihrer Zielobjekte anpassen. Dahinter steckt ein Design-Prinzip aus der Natur, der Fin-Ray-Effekt. „Es ist faszinierend: Drückt man auf eine Seite eines spitzen Dreiecks, biegt es sich nicht von einem weg – was zu erwarten wäre – sondern einem entgegen“, beschreibt der Kieler Forscher Stanislav Gorb das Phänomen. Vor rund 25 Jahren hat es der deutsche Biologe Leif Kniese erstmals bei Fischflossen beobachtet: Dank spezieller Quer­verstrebungen im Inneren passen sich die Flossen optimal an verschiedene Strömungs­verhältnisse an. In den Füßen vieler Insekten finden sich ähnliche Verstrebungen. Sie sorgen dafür, dass sie sich besser an Ober­flächen anpassen und dort sicher anhaften. „Das ist eine unserer zentralen Forschungs­fragen: Warum haften Insekten ohne viel Kraftaufwand so gut an Oberflächen? Wie stellen sie die dafür nötige große Kontaktfläche her?“, fasst Gorb den Fokus seiner Arbeitsgruppe „Funktionelle Morpho­logie und Biomechanik“ zusammen.

Mit seinem Team untersuchte Gorb verschiedene Insektenfüße wie die der Heuschrecke Tettigonia viridissima (Grünes Heupferd). Sie stellten fest: Während die Quer­verstrebungen in „Fin-Ray“-Greifarmen immer in einem Neunzig-Grad-Winkel angebracht sind, kommen sie in Insekten mit verschiedenen Winkeln vor. Was für Auswirkungen andere Winkel haben können, war für den Fin-Ray-Effekt bisher nicht detailliert untersucht worden. Im Rahmen der Studie berechneten die Kieler Forschenden jetzt, welche Kräfte bei unter­schiedlichen Winkeln auf die Greifarme und ihre Zielobjekte wirken. Die Ergebnisse ihrer Computer­simulationen überprüften sie in Experimenten und Kraftmessungen mit Modellen aus dem 3D-Drucker.

„Wir sahen, dass Greifarme mit kleineren Winkeln ihre Zielobjekte noch leichter umschließen und dafür auch noch weniger Kraft benötigen“, so Gorb. Poramate Manoon­pong von der SDU ergänzt: „Damit wären Roboter zum Beispiel in der Lage, Lebensmittel und andere empfindliche Gegenstände mit etwa zwanzig Prozent weniger Energie zu greifen – das könnte jahrealte Design-Paradigmen einer ganzen Greifroboter-Branche verändern.“ Schließlich übertrugen die Kieler Forschenden das Greifprinzip der Roboterarme zum ersten Mal auf die Füße von Robotern, um auch damit rundliche Objekte sicher umschließen zu können. Nach ersten Tests an der SDU mit einem einzelnen Roboterfuß wurde anschließend ein kompletter, sechs­füßiger Roboter dazu gebracht, auf zwei Rohren und steinigem Untergrund zu laufen. Die Forschenden stellten hierbei fest, dass sich Roboter mit Querverstrebungen in einem Zehn-Grad-Winkel schneller und einfacher bewegten und weniger Energie verbrauchten als mit Verstre­bungen in einem klassischen Neunzig-Grad-Winkel. „Das könnte zum Beispiel für die Öl- oder Gasindustrie interessant sein“, so Manoonpong.

Die bisherigen Ergebnisse sind vielver­sprechend, basieren aber auf Greifelementen aus einem weichen Material. Als nächstes geht es darum, Greifer aus einem Material zu entwickeln, das sowohl flexibel ist, um sich an Objekte oder unwegsame Unter­gründe anzupassen, als auch robust und wider­standsfähig, um langfristig unter realen Umwelt­bedingungen zu bestehen.

CAU Kiel / JOL

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