23.08.2016

Haarige Mikrostrukturen gegen Ölteppiche

Hydrophober Nanopelz absorbiert selektiv ölige Flüssigkeiten.

Einige Schwimm­farne können in kurzer Zeit große Mengen Öl aufnehmen, denn ihre Blätter sind zugleich stark wasser­abstoßend und in hohem Maße ölab­sorbierend. Eine Forscher­gruppe des Karlsruhe Institut für Techno­logie KIT hat gemeinsam mit Kollegen der Universität Bonn heraus­gefunden, dass die Wasser­pflanze die ölbindende Eigen­schaft der haar­ähnlichen Mikro­struktur ihrer Blatt­oberfläche verdankt. Sie dient nun als Vorbild, um das Material Nanofur weiter­zuentwickeln, das Ölver­schmutzungen umwelt­freundlich beseitigen soll.

Abb.: Schneebesenförmige, wachsbeschichtete Härchen machen die Blätter der Wasserpflanze Salvinia molesta außerordentlich wasserabweisend. (Bild: W.Barthlott / Nees-Institut)

Beschä­digte Pipelines, Tanker­havarien und Unfälle auf Förder­plattformen können Wasser­flächen mit Roh- oder Mineralöl verschmutzen. Her­kömmliche Verfahren zum Entfernen der Ölpest haben spezifische Nach­teile: Das Verbrennen von Öl sowie der Einsatz chemischer Mittel, die seine Zersetzung be­schleunigen, belasten ihrerseits die Umwelt. Viele natür­liche Materia­lien zum Aufsaugen des Öls wie Sägemehl oder Pflanzen­fasern sind wenig effektiv, weil sie zugleich große Mengen Wasser aufsaugen. Auf der Suche nach einer umwelt­freundlichen Möglich­keit, Öl­teppiche zu entfernen, haben die Forscher verschiedene Schwimm­farn-Arten verglichen. „Dass die Blätter dieser Pflanzen wasser­abstoßend sind, war bereits bekannt, wir haben erstmals ihre Eigen­schaft Öl zu absor­bieren untersucht“, sagt Claudia Zeiger, die die Studie am Institut für Mikro­struktur­technik des KIT durchgeführt hat.

Die aus tropischen und sub­tropischen Regionen stammenden Schwimm­farne sind mittlerweile auch in Teilen Europas heimisch. Da sie sich stark vermehren, gelten sie mancher­orts als lästiges Unkraut. Sie haben jedoch großes Potenzial als kosten­günstige, schnelle und umwelt­freundliche Ölabsorber. „Die Pflanzen könnten zum Beispiel in Seen eingesetzt werden, um dort unbe­absichtigt einge­tretenes Öl zu absorbieren“, so Zeiger. Bereits nach weniger als 30 Sekunden haben die Blätter die maximale Absorption erreicht und können zusammen mit dem aufgenommenen Öl abgeschöpft werden. Die Wasser­pflanze mit dem biologischen Namen Salvinia besitzt an der Blatt­oberfläche Trichome – haarähnliche, zwischen 0,3 und 2,5 Millimeter lange Ausläufer. Beim Vergleich unter­schiedlicher Salvinia-Arten zeigte sich, dass nicht etwa die Blätter mit den längsten Haaren besonders viel Öl absorbierten. „Ausschlag­gebend für die Öl-Aufnahme­fähigkeit ist die Form der Haarenden“, betont Zeiger. Das meiste Öl absorbieren die Blätter der Schwimmfarn-Art Salvinia molesta, deren Haarenden in der Form eines Schnee­besens miteinander verbunden sind.

Das neue Wissen über den Zusammen­hang der Oberflächen­struktur der Blätter und ihre Öl-Absorptions­fähigkeit nutzen die Forscher nun, um das an ihrem Institut entwickelte Material Nanofur zu verbessern. Dieser Nanopelz aus Kunststoff ahmt den wasser­abstoßenden und ölan­ziehenden Effekt von Salvinia nach, um Öl und Wasser zu trennen. „Wir untersuchen in der Natur vorkommende Nano- und Mikro­strukturen, um sie für technische Ent­wicklungen zu übernehmen“, sagt Hendrik Hölscher, Leiter der Arbeits­gruppe Bio­mimetische Ober­flächen am Institut für Mikro­struktur­technik des KIT. Bei gleichem Material seien es häufig Unter­schiede innerhalb dieser feinsten Strukturen, die zum Beispiel Pflanzen mit bestimmten Eigen­schaften ausstatten.

KIT / JOL

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