02.03.2020

Haariger Asteroid

Winzige Eisenkristalle bedecken Oberfläche des Asteroiden Itokawa.

Mineralogen aus Jena und Japan entdeckten an Bodenproben des Asteroiden „Itokawa“ ein bislang unbekanntes Phänomen: Die Oberfläche des Himmelskörpers ist mit winzigen haarförmigen Kristallen aus Eisen überzogen. Wie diese entstanden sind und warum Asteroide ungewöhnlich arm an Schwefel­verbindungen sein können, dafür lieferte das Team nun eine Erklärung. 
 

Abb.: Falko Langenhorst, Toru Matsumoto und Dennis Harries (v.l.n.r.) haben...
Abb.: Falko Langenhorst, Toru Matsumoto und Dennis Harries (v.l.n.r.) haben Staubpartikel des Asteroiden „Itokawa“ untersucht. (Bild: A. Günther / FSU)

Itokawa wäre ein ziemlich durchschnittlicher erdnaher Asteroid: ein nur wenige hundert Meter im Durchmesser messender Geröllhaufen, der inmitten unzähliger anderer Himmelskörper die Sonne umrundet und dabei immer wieder die Bahn der Erde kreuzt. Wäre da nicht eine Sache, die Itokawa zu einem ganz und gar außergewöhnlichen Himmelskörper macht. Im Jahr 2005 bekam er Besuch von der Erde. Die japanische Raumfahrt­agentur JAXA hatte die Sonde Hayabusa zu Itokawa geschickt, Bodenproben gesammelt und – erstmals in der Geschichte der Raumfahrt – diese sicher zur Erde zurück transportiert. 2010 ist die kostbare Fracht auf der Erde gelandet und wird seither intensiv erforscht.

Einem Team aus Japan und Jena ist es jetzt gelungen, einigen dieser winzigen Probenkörnchen ein bislang unentdecktes Geheimnis zu entlocken: Die Oberfläche der Staubkörnchen ist mit winzigen hauchdünnen Kristallen aus Eisen übersäht. Diese Beobachtung hat Falko Langenhorst und Dennis Harries von der Friedrich-Schiller-Universität Jena überrascht, hatten Forschungsteams aus aller Welt in den zurückliegenden zehn Jahren doch bereits ausgiebig Struktur und chemische Zusammen­setzung der Staubteilchen von Itokawa untersucht – die Eisenhärchen waren bislang aber nicht aufgefallen. Erst der japanische Forscher Toru Matsumoto, der für ein Jahr als Gast­wissenschaftler in der Arbeitsgruppe der analytischen Mineralogie am Institut für Geowissenschaften arbeitet, konnte die Kristalle mittels hoch­auflösender Aufnahmen mit einem Trans­missions­elektronen­mikroskop ausfindig machen.

Spannend macht diese Entdeckung nicht allein die Tatsache, dass die Eisenhärchen, die inzwischen auch auf weiteren Partikeln das Asteroiden nachgewiesen wurden, bislang übersehen worden sind, sondern vor allem wie sie entstanden. „Diese Strukturen sind das Ergebnis kosmischer Einflüsse auf der Oberfläche des Asteroiden“, erläutert Falko Langenhorst. Neben Gesteins­brocken treffen auch energiereiche Teilchen des Sonnenwindes auf die Asteroiden­oberfläche, die dadurch verwittert. Ein wichtiger Bestandteil des Asteroiden ist das Mineral Troilit, in dem Eisen und Schwefel gebunden vorliegen. „Infolge der Weltraumverwitterung wird das Eisen aus dem Troilit freigesetzt und lagert sich in Form der jetzt entdeckten Nadeln auf der Oberfläche ab“, sagt der Jenaer Mineraloge. Der Schwefel aus dem Eisen­sulfid verflüchtigt sich wiederum in Form gasförmiger Schwefel­verbindungen in das umgebende Vakuum.

Aus der Größe und Anzahl der detektierten Eisen­kristalle konnten die Forscher zudem abschätzen, wie schnell der Asteroid den Schwefel verliert. „Der Prozess verläuft für kosmische Dimensionen unheimlich schnell“, macht Toru Matsumoto deutlich. Die von ihm analysierten Kristalle haben eine Länge von bis zu zweieinhalb Mikro­metern, was etwa einem Fünfzigstel der Dicke eines menschlichen Haares entspricht. „Solche Größen haben die Härchen schon nach rund tausend Jahren erreicht“, so der Forscher von der Kyushu Universität in Fukuoka. Langfristig lasse sich die Analyse der Eisenkristalle nutzen, um die Verwitterungs­prozesse auch auf anderen Himmelskörpern besser zu verstehen und ihr Alter zu bestimmen.

Dabei haben die Forscher schon ganz konkrete Objekte im Blick: Die Sonde OSIRIS-REx der NASA bereitet derzeit die Probenahme auf dem Asteroiden Bennu vor. Hayabusa2 der JAXA ist bereits auf dem Rückweg zur Erde. Die japanische Sonde hat im vergangenen Jahr den Asteroiden Ryugu besucht und wie auch bei Itokawa Staubteilchen eingesammelt. Ende 2020 sollen die Proben auf der Erde landen. Das internationale Team mit den Jenaer Mineralogen und Toru Matsumoto erwartet sie mit Spannung. 

FSU / DE
 

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