18.07.2022

Haften von kalt bis heiß

Supramolekularer Klebstoff mit einer Temperaturbandbreite von vierhundert Kelvin.

Ein Forscherteam aus China hat einen supra­mole­kularen Hoch­leistungs­klebstoff entwickelt, der recycelt werden kann und höchste Haft­leistungen im Temperatur­bereich von minus 196 Grad Celsius bis zu 200 Grad Celsius erreicht. Wie das Team berichtet, trägt eine außer­gewöhnlich enge Verzahnung der molekularen Komponenten während des Aushärtens zu dem breiten Klebespektrum bei.

Abb.: Eine außer­ge­wöhn­lich enge Ver­zah­nung der mole­ku­laren...
Abb.: Eine außer­ge­wöhn­lich enge Ver­zah­nung der mole­ku­laren Kom­po­nenten während des Aus­härtens trägt ent­schei­dend zu dem breiten Klebe­spektrum bei. (Bild: Wiley-VCH)

Anders als normale Klebstoffe haften supra­molekulare Klebstoffe nicht durch Quer­vernetzung der molekularen Komponenten. Vielmehr lagern sich die Moleküle beim Aushärten des Klebers passgenau zusammen. Solche supra­molekulare Systeme sind interessant, weil die Ausgangs­stoffe sich prinzipiell wieder­gewinnen und ihr chemisches Verhalten gut maßschneidern lassen. Andererseits sind die Klebe­leistungen solcher Kleber bislang eher nur durch­wachsen und können je nach Umwelt­bedingungen stark schwanken.

Der von dem Forschungs­team um Kai Liu von der Tsinghua-Universität in Beijing entwickelte Klebstoff enthält zwei Komponenten. Eine davon ist ein kleines Protein, das in Bakterien bio­techno­logisch herge­stellt werden kann. Die andere Komponente ist ein Kronenether – ein ring­förmiges Molekül, das ein Gastmolekül „einpacken“ kann. Kronenether umfassen ein passendes Molekül ähnlich wie eine Krone einen Kopf, daher der Name.

Eine solche enge Interaktion beobachteten die Forscher mit ihrem System: Gaben sie Kronenether und Protein zusammen und erwärmten die Lösung, verankerte sich der Kronenether auf der Protein­ober­fläche. Wie das Team beobachtete, zogen sich Protein und Kronenether durch die entgegen­gesetzte Ladung und molekulare Wechsel­wirkungen so stark an, dass eine neue, verzahnte Struktur entstand. Der Kronenether schweißte die Proteine aneinander.

Ergebnis war eine außer­ordentlich starke Haftwirkung. Miteinander verklebte Stahlplatten hielten hohe Scherkräfte bei Raum­temperatur, in flüssigem Stickstoff und bei zweihundert Grad Celsius aus. Der Klebstoff funktionierte mit verschiedenen Materialien und auch unter Wasser. Eine solche Bandbreite an Bedingungen erreichen selbst Spezial­kleb­stoffe kaum – für supra­molekulare Klebstoffe sind sie ein Rekord. Die Komponenten konnten auch wieder aufbereitet werden. Der recycelte und neu ausgehärtete Kleber büßte kaum an Leistungs­fähigkeit ein.

Als Grund für die außer­ordent­liche Haft­wirkung insbesondere bei niedrigen Temperaturen machten die Forscher die spezifischen supra­mole­kularen Wechsel­wirkungen aus. Die enge Verzahnung treibe nämlich das gebundene Wasser aus dem Protein heraus, vermuteten sie. Dadurch könnten sich – wie bei einem Frost­schutz­mittel – beim Einfrieren keine Eiskristalle bilden, die in vielen konven­tio­nellen Klebern zur vorzeitigen Rissbildung führen.

Als Anwendungsgebiet schlagen die Forscher Spezial­fertigungen vor, bei denen große Unterschiede in den Bedingungen wie zum Beispiel die Temperatur­unterschiede in der Raumfahrt über­wunden werden müssen.

Wiley-VCH / RK

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