Halbzahlige Quantenwirbel
Winzige Ringe aus dem Supraleiter Strontiumruthenat zeigen exotisches magnetisches Verhalten, das zum Bau von Quantencomputern genutzt werden könnte.
Winzige Ringe aus dem Supraleiter Strontiumruthenat zeigen exotisches magnetisches Verhalten, das zum Bau von Quantencomputern genutzt werden könnte.
Photonen und eingefangene Ionen sind heute die Arbeitspferde in der Quanteninformatik. Aber auch Festkörper zeigen Quantenzustände, die prinzipiell für die Basiseinheiten von Quantencomputern, den so genannten Qubits, geeignet sind. Zu den viel versprechenden Kandidaten gesellen sich nun halbzahlige Übergänge in der Magnetisierung des Supraleiters Strontiumrhutenat, die erstmals an der University of Illinois, Urbana, gemessen werden konnten.
Die meisten Supraleiter sind charakterisiert durch eine Spin-Singulett-Paarung der Elektronen. „Aber Strontiumrhutenat bildet eine Ausnahme“, berichten Raffi Budakian und seine Kollegen. In diesem Supraleiter existiert eine Phase mit gleichgerichteten Spin-Paaren. Diese Phase gilt als Voraussetzung für halbzahlige Quantenwirbel. Mit einer ausgeklügelten Messung des magnetischen Verhaltens von Strontiumrhuthenat gelang nun der Nachweis dieser exotischen Zustände.
Abb.: Winziger Silizium-Hebel mit einer Probe des Supraleiters Strontiumruthenat. (Bild: Raffi Budakian, University of Illinois)
Die Physiker klebten dazu einen etwa 500 Nanometer kleinen Ring aus dem Supraleiter-Material auf einen filigranen Silizium-Hebel. Unterhalb der Sprungtemperatur konnten sie das magnetische Moment dieser Probe bei 300 Millikelvin über die Auslenkung des Mikrohebels analysieren. In Abhängigkeit eines äußeren Magnetfelds zwischen -200 und +200 Oersted wirkten winzige Kräfte auf den Mikrohebel, die als Maß für das magnetische Moment des Supraleiter-Rings herangezogen wurden. Die entsprechenden Werte veränderten sich in Stufen, dessen Höhe sich mit halbzahligen Quantenzuständen erklären ließ. „Diese halbzahligen Sprünge sind konsistent mit der Existenz von Halb-Quanten-Wirbeln“, erläutern die Wissenschaftler.
„Man glaubt, das diese Halb-Quanten-Wirbel in Strontiumrhutenat die Basis für topologische Quantencomputer bilden könnten“, sagt Anthony J. Leggett, der 2003 den Nobelpreis für die Entdeckung der Suprafluidität in tiefgekühlten Helium-3 erhalten hat. Seine Kollegen um Budakian lieferten nun den ersten experimentellen Nachweis für diese Annahme. Allerdings sind sich die Physiker im Klaren darüber, dass Strontiumruthenat nicht in wenigen Jahren zu anwendbaren Quantencomputern führen wird. Viele weitere Experimente müssten belegen, dass diese Zustände gezielt kontrolliert, quantenmechanischen gekoppelt (‚verschränkt‘) und wieder ausgelesen werden könnten. Da diese Experimente zudem nur bei tiefkalten Temperaturen funktionieren, müsste ein Quantenchip aus Supraleitern immer in einer aufwändigen Kältekammer arbeiten.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos
Weiterführende Literatur:
- A. P. Mackenzie, Y. Maeno: The superconductivity of Sr2RuO4 and the physics of spin-triplet pairing.Rev. Mod. Phys. 75, 657 (2003)
doi: 10.1103/RevModPhys.75.657 - M. C. Cross, W. F. Brinkman: Textural singularities in the superfluid A phase of 3He. J. Low Temp. Phys. 27, 683 (1977) doi: 10.1007/BF00655703
- A. Y. Kitaev: Fault-tolerant quantum computation by anyons. Ann. Phys. (N.Y.) 303, 2 (2003) doi: 10.1016/S0003-4916(02)00018-0
KK